Fassaden und Ensembleschutz - Erfahrungen und Überlegungen aus Pfaffenhofen an der Ilm

Eingestellt von: Heimat- und Kulturkreis Pfaffenhofen a. d. Ilm e.V.
Eingestellt am 22.09.2016
Geändert am 28.09.2017

Fassaden und Ensembleschutz - Erfahrungen und Überlegungen aus Pfaffenhofen an der Ilm

Seit zwei Jahren setzt sich der Heimat- und Kulturkreis Pfaffenhofen/Ilm e.V. für die Beibehaltung des Denkmalschutzes für verbliebene Fassaden nach Umbau bzw. Neubau dahinter ein - bisher leider vergeblich. Das Anliegen bezieht sich nicht allein auf Pfaffenhofen, sondern ist grundsätzlicher Natur.

Dem Anliegen wurden bislang folgende Thesen entgegengehalten:

  • Die Fassaden in einem Ensemble seien durch den Ensembleschutz gesichert.
  • Eine Fassade allein sei kein Denkmal; dafür wurde keine Begründung geliefert.
  • Zuletzt wurde argumentiert: "Selbstständige Denkmäler können nach Mitteilung des BLfD aber nur Teile einer Sache sein, die einer selbständigen Bewertung zugänglich sind, z.B. das Dach eines Gebäudes, nicht dagegen jedoch Teile, die, wie z.B. die Fassade eines existierenden Hauses, keiner selbständigen Betrachtungsweise zugänglich sind." (Zitat aus einem Brief vom 21.1.2016). Dies überzeugt nicht, weil unserer Ansicht nach allein der Anblick einer Fassade unter Kenntnis des Baujahrs zur Beurteilung genügt.  

Was spricht dafür, ein denkmalgeschütztes Gebäude vollständig aus der Denkmalliste zu streichen, wenn es unter Beibehaltung der Fassade neu errichtet wird? Was spricht dagegen, allein die übrig gebliebene Fassade unter Denkmalschutz zu belassen?

Es besteht wohl die Befürchtung, damit würde eine Schleuse geöffnet für Nachahmung, so dass aus einem Ensemble schließlich ein Potemkinsches Dorf werden könnte. Aber die Fassade besteht immer noch aus der historischen Originalsubstanz und Art. 1 des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes kann durchaus auf sie angewendet werden: "Denkmäler sind von Menschen geschaffene Sachen oder Teile davon aus vergangener Zeit, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt". Denn wenn die künstlerische und städtebauliche Bedeutung für das ganze Gebäude anerkannt war, wird der noch bestehende, sichtbare Teil nicht unbedeutend. Die Regelung, diesen Artikel nicht auf Fassaden zu beziehen, ist unseres Erachtens willkürlich und denkmalbewussten Bürgern nicht vermittelbar.

Wir fordern zwar nicht, dass nun jede historische, stadtbildprägende Fassade unter Denkmalschutz gestellt werden soll. Aber es ist unserer Ansicht nach ein schwerer  Fehler, den Denkmalschutz ganz aufzuheben, wenn ein Gebäude unter Beibehaltung der Fassade neu errichtet wird oder durch Umbauarbeiten die inneren Denkmalbestandteile beseitigt werden. Denn gerade die Fassaden sind es, die ein Stadtbild prägen, die den Einheimischen am Herzen liegen und Besucher anlocken, die vor allem Identität stiften und Zeugnis über die kulturelle Geschichte eines Ortes geben.

Was geschieht, wenn sich für ein Baudenkmal, zum Beispiel ein Wohn- und Geschäftshaus kein Käufer mehr findet, weil das Gebäude keine lukrative moderne Nutzung mehr zulässt? Es wird dem Verfall preisgegeben, bis es abgerissen werden darf, wie beispielsweise das Pfaffenhofener Wallnerhaus aus der Barockzeit. Ist ein solcher Totalverlust besser als der Erhalt einer historischen Fassade?

Die Pfaffenhofener sind glücklich über die Lösung, die für das ehemalige Café Herb (D-1-86-143-37) gefunden wurde: Neubau unter Beibehaltung der historischen Fassade. Das mehrfach an- und umgebaute Gebäude war im Inneren so verwinkelt und verbaut, dass es für eine rentable Nutzung nicht mehr geeignet war. Es stand zur allgemeinen Besorgnis acht Jahre lang leer, bis es ein ortsansässiger Geschäftsmann kaufte, mit großem Aufwand die bröckelige Fassade stabilisierte, restaurierte und dahinter einen unauffälligen Neubau errichtete. Diese Fassade ist unter anderem deshalb so wichtig, weil sie Bestandteil des Hauptplatz-Ensembles ist.

Die Annahme, eine historische Fassade in einem Ensemble sei nicht gefährdet, ist höchst unrealistisch. Auch Ensembles ändern sich ständig, weil Bestandteile, die nicht ausdrücklich unter Denkmalschutz stehen, durch Neubauten ersetzt werden dürfen. Deshalb ist der Denkmalschutz für verbliebene Fassaden gerade in einem Ensemble unverzichtbar, sonst verliert es nach und nach seinen Charakter, seine geschichtliche, künstlerische, städtebauliche  Bedeutung, seine unverwechselbare Identität.

Wir fragen uns: Was ist das Ziel des Ensembleschutzes, wenn nicht die Erhaltung wertvoller Teile eines Stadtbildes? Die Art und Weise, wie er gegenwärtig praktiziert wird - jedenfalls in Pfaffenhofen - ist für denkmalbewusste Bürger äußerst unbefriedigend, weil die Ersatzbauten für abgerissene Häuser meist abstechen durch andere Fensterformen und nüchterne Schmucklosigkeit, anstatt sich durch Aufgreifen architektonischer Elemente der historischen Gebäude anzupassen, wie etwa gegliederte Fenster oder Erker.

Wenn der sogenannte Ensembleschutz die architektonische Eingliederung in den Altbaubestand durch Aufnahme traditioneller Gestaltungselemente nicht zulässt, ist er das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben steht.

Ein Termin für ein Gepräch mit dem Generalkonservator bzw. seinem Stellvertreter wurde uns in Aussicht gestellt. Wir hoffen also, doch Denkanstöße gegeben zu haben, indem wir die weit verbreitete Meinung von Bürgern zum Ausdruck gebracht haben.

Ursula Beyer, Vorsitzende des Heimat- und Kulturkreises Pfaffenhofen a. d. Ilm e. V.


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