"Alter Wirt" Aising
Denkmalschutz verweigert - Abriss droht!
Aus dem Stadtarchiv Rosenheim geht hervor: der Gasthof „Zum Alten Wirt“ am südlichen Ortsrand von Aising, günstig an der Landstraße nach Tirol gelegen, war um 1838 im Besitz des Gastwirts Georg Schmid. Dessen gleichnamiger Enkel veräußerte das Anwesen 1895 an den aus Miesbach stammenden Gastwirt Max Kuttner und dessen Ehefrau Elisabeth. In Zeitungsannoncen im „Rosenheimer Anzeiger“ bewarb Kuttner damals regelmäßig das Aisinger Gasthaus. Schon 1905 und 1910 erfolgten weitere Besitzerwechsel. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg ging das Gasthaus in das Eigentum der Auer-Brauerei über, die die Gaststätte verpachtete. Auf dem Bild ist der stattliche Gasthof mit seiner prägnanten Fassade aus Sichtziegel- und Bruchsteinmauerwerk zu sehen. Vor dem Haus steht die Wirtsfamilie mit ihrem Personal, rechts ein Fuhrwerk, das mit Bierfässern beladen ist. (Text: Karl Mair)
Das genaue Baujahr ist nicht bekannt, muss allerdings schon deutlich vor 1838 sein.
In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg war der „Alte Wirt“ weit über die Ortsgrenzen bekannt für die legendären Ochsenrennen in den 1960er-Jahren mit bis zu 15.000 Zuschauern (BR Youtube-Video 1962), Faschingsbälle, etc. Das Gebäude mit der beschriebenen prägnanten Fassade besitzt somit einen besonderen ortsbildprägenden und Identität stiftenden Charakter, sowie historische Bedeutung für die Bürgerschaft der Gemeinden Aising-Pang. Die Position, früher an der Landstraße nach Tirol, jetzt in der Sichtachse der Panger Straße nach Süden mit Blick Richtung Inntal, zentral am Kreisel und in ähnlicher Bauweise der beiden benachbarten denkmalgeschützten Bauernhäuser Aisinger Straße 96 und 98 (jeweils Baujahr ca. 1880) zeichnen den „Alten Wirt“ aus.
"Alter Wirt" Aising - Fotos
Gefährdung
Seit ca. 10 Jahren ist die Bewirtschaftung eingestellt, das Gebäude steht leer. Im Frühsommer tauchten Planungen auf für den Verkauf an die Volksbank-Raiffeisenbank, mit Abriss und einen Ersatzneubau, „angelehnt“ an das vorhandene Gebäude. Aus wirtschaftlichen Gründen wird eine Sanierung abgelehnt. Dies ging aus einer Vorstellung der VR-Bank in der Filiale Tegernseer Straße, Rosenheim an die Mitglieder des „Historischen Heimatvereins“ Ende August des Jahres hervor. Letzterer zog sich danach zurück, da man sich „nicht in fremde Eigentumsverhältnisse einmischen will und selbst keine Mittel hat.“
Seitens des Landesamtes für Denkmalpflege (BLFD) gab es eine Begehung im Sommer: Das BLfD erläuterte, dass sich die Bausubstanz durchaus in gutem Zustand befindet. Moniert wurden die zahlreichen Umbaumaßnahmen in den Innenräumen, mutmaßlich in den 50er-Jahren, weshalb kein Denkmalschutz gewährt wird. Zum anderen wurde darauf hingewiesen, dass das früher nebenstehende Rossstall- und Wirtschaftsgebäude bedauerlicherweise bereits vor vielen Jahren abgerissen wurde. Die „Sünde“ aus den Nachkriegsjahren soll jetzt mit einem neuerlichen „Sündenfall“ getilgt werden?
Die Untere Denkmalschutzbehörde und der örtliche Heimatpfleger bestätigten diese Feststellungen, die sich allerdings lediglich auf die Innenräume beziehen. Ein Schutz wegen der „Ensemblewirkung“ im Zusammenhang mit den Bauernhäusern wird nicht erkannt.
Aus ökologischer und architektonischer Sicht sprechen auch noch weitere Gründe gegen einen Abriss, die leider bisher nicht berücksichtigt wurden: die bayerische Staatsregierung hat sich zum Staatsziel Bayern CO²-frei 2040 verpflichtet. Weiter gilt es auch, die „graue Energie“ in die Bilanz mit einzubeziehen. Das sind immer wichtiger werdende klimawirksame Maßnahmen, die bedauerlicherweise nur in unserer bayerischen Architektenkammer bei den Mitgliedern angemahnt werden, in der Immobilienbranche leider mehrheitlich nicht angekommen sind. Ein absolut besorgniserregender Fakt.
Rettung
Als Anwohner und Bürger*innen aus Aising-Pang können wir nun den geplanten Abriss nicht nachvollziehen, da damit ein wertvolles ortsbildprägendes Gebäude (abgesehen von der Dorfkirche St. Stephan ist es das älteste Gebäude von Aising-Pang!) einfach „verschwindet“.
Gleichzeitig fehlt in Aising-Pang für die vielen Vereine mit ihren ehrenamtlich engagierten Mitgliedern (Schützenverein „Immergrün“, Trachtenvereine, Heimatverein, Sportverein, Feuerwehr, etc.) eine adäquate Möglichkeit für Treffen und Vereinsaktivitäten, bzw. ein Treffpunkt für alle Bürger*innen. Hier wäre im Zuge einer Gesamtbeplanung des Areals (siehe Anhang), durchaus auch als geförderte Maßnahme, die Herstellung eines neuen Dorfzentrums (Wirtschaft, Nahversorger, Wohnen, Vereinsräumlichkeiten, etc.) für die Bürger*innen wünschenswert.
Die Anfrage bei der Stadt Rosenheim im Rahmen der Bürgerversammlung am 16.10.2024, dass die Stadt das Vorkaufsrecht nutzen möge, um das Gebäude für ein Bürgerhaus zu erwerben, wurde seitens OB März abschlägig beschieden. Begründung: fehlende Mittel und kein „Leidensdruck“, da Aising-Pang sich durch ein funktionierendes Gemeinwesen auszeichnet und kein sozialer Brennpunkt ist.
Eine Anfrage bei der Eigentümerin „Paulaner-Bräu“ zu der „Auer-Bräu“ mittlerweile gehört, mit der Bitte um Prüfung der Abrisspläne wurde bisher nicht beantwortet.
Mit Blick auf die Werte hinsichtlich Nachhaltigkeit und Lebensqualität, jetzt und für kommende Generationen, sowie im Hinblick auf Ressourcenschonung beim Bauen im Bestand besteht großes Potential, den „Alten Wirt“ wieder zu einem attraktiven Blick- und Treffpunkt zu machen.
Mittlerweile wurde von der IG Rosenheim Süd eine Petition beim Bayerischen Landtag eingereicht, zur Prüfung der Aufnahme in die Denkmalliste.
Kontakt
IG Interessengemeinschaft Rosenheim Süd e. V.
c/o Claudia Schütz, Beisitzerin Vorstand
Farrenpointstraße 5c
83026 Rosenheim
c-schuetz-p@t-online.de
Tel. 08031 / 65621
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