Amberg, Bahnhofstrasse 10/12 - Foto: Foto: Bertold Bernreuter

gefährdet

Altstadtensemble von Amberg in der Oberpfalz
Bahnhofstrasse 10-12, 92224 Amberg

Eingestellt von: 151
Eingestellt am: 13.09.2017
Geändert am: 14.09.2017

Bayerische Denkmalliste: eingetragen
Denkmalatlas / Aktennummer: E-3-61-000-1
Denkmal-Typ: Einzeldenkmal im Ensemble

Altstadtensemble von Amberg in der Oberpfalz

Stadt Amberg: Eingriffe im Ei

Als Ei ist die Altstadt von Amberg in der Oberpfalz ob des eiförmigen Umgriffs durch die nahezu geschlossen erhaltene Umgürtung der Stadtmauer und den ehemaligen Stadtgraben landläufig bekannt.

Gefährdet ist das Ensemble neuerdings durch zwei große Baumaßnahmen in der Bahnhofstraße:

1. Bebauung im Areal des ehemaligen Bürgerspitals;

2. Abriss des Kaufhauses Forum, Denkmal Bahnhofstraße 10 bis 12, ehemalige kurfürstliche Münze, und vorgesehene Neubebauung.

Aus der Mittelbayerischen Zeitung vom 17.8.2017: „Als größte Aufgabe der gegenwärtigen Legislaturperiode hat der Amberger Stadtrat die „Wiederbelebung“ des ehemaligen Bürgerspital-Geländes (Nr. 1) und des ehemaligen Storg-Kaufhauses (Nr. 2) ausgerufen. 25 Millionen Euro für das Projekt Bürgerspital, 20 Millionen Euro für die „Neue Münze“ sollen verbaut werden. Für das Gelände zwischen Spitalkirche, Wirtschaftsschule und dem ehemaligen Ring-Theater will ein holländischer Immobilien-Investor in einem neuen vierstöckigen Gebäudekomplex Wohnen, Handel und Dienstleistungen einziehen lassen. Im Untergeschoss soll einmal eine teil-öffentliche Tiefgarage Parkraum für 172 Autos bieten.

Zur denkmalrechtlichen Situation:

Ensemble: Auszug der Beschreibung des Ensembles Altstadt Amberg im Denkmalatlas (Aktennummer E-3-61-000-1):

Das Ensemble umfasst die Altstadt mit dem sie umgebenden mittelalterlichen Befestigungsgürtel, der einschließlich des Grabens großenteils erhalten ist. Der Kern der Stadt ist entwicklungsgeschichtlich der Bereich um den Marktplatz, der noch heute der Mittelpunkt des Gemeinwesens in jeder Hinsicht ist. … Kennzeichnend für den Bereich innerhalb der frühesten Stadtmauer, der durch Tore an der ehem. Fernhandelsstraße entlang von Georgen- und ehem. Wartgasse (jetzt Bahnhofstraße) betreten wurde, ist das engmaschige Netz schmaler Gassen und ferner die annähernd gleichmäßige Größe der Hausgrundstücke. Der besondere Rang dieses alten Stadtkomplexes blieb über Jahrhunderte erhalten. In ihm hat sich bürgerliches Bauen konzentriert, daher ist er auch erkennbar an der Höhe der Gebäude; nur hier sind drei- bis viergeschossige alte Wohngebäude anzutreffen. … Die 1317 mit der Stiftung des Bürgerspitals durch Ludwig den Bayern zur Spitalkirche gewordene Johanniskapelle wurde noch in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts neu gebaut. (Zusatz: sie wurde 2016 profaniert, siehe Amberger Zeitung vom 2.6.2016 https://www.onetz.de/amberg-in-der-oberpfalz/vermischtes/amberger-spitalkirche-wird-profaniert-letzte-messe-schon-gelesen-d1672749.html) … Stattlichere Gebäude stehen nur an den alten Durchgangsstraßen und den Plätzen. … Als Folge der allgemeinen Stagnation nach der Säkularisation und der Verlegung der Regierung nach Regensburg änderten sich die baulichen Gegebenheiten in Amberg bis in die fünfziger Jahre des 19. Jahrhunderts kaum. Der Anschluss an das Eisenbahnnetz forderte den ersten Stadtmauerdurchbruch an der Ostseite, die Verlängerung der Ost-West-Straße durch die gesamte Altstadt mit Ausbau der Wartgasse zur Bahnhofstraße und die erste Preisgabe von Grünanlagen für den Verkehr. … Neubauten innerhalb der Altstadt passten sich weitgehend in Gestalt und Größe ihrer Umgebung an. Erst die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg brachte weitere Eingriffe: Alte Gebäude gingen ihrer speziellen Details verlustig; maßstabsprengende Neubauten gefährden das Ensemble. Dem Verkehr opferte man bis 1975 die gesamte Wallanlage zwischen Bahnhof und Nabburger Tor. …

 

Zu 1: Bebauung im Areal des ehemaligen Bürgerspitals

1317 stiftete Ludwig der Bayer den Bürgern von Amberg ein Spital.

https://www.onetz.de/amberg-in-der-oberpfalz/vermischtes/ludwig-der-bayer-gruendet-vor-700-jahren-das-amberger-buergerspital-ludwig-der-wohltaeter-d1724098.html

Im Laufe der Zeit veränderte das Amberger Spital immer wieder sein äußeres Erscheinungsbild. Die größte Veränderung erfolgte im 21. Jahrhundert: Der alte Standort an der Bahnhofstraße in der Innenstadt wurde aufgegeben. Der Baubestand wurde abgebrochen und soll neu bebaut werden. Derzeit laufen Grabungen des Landesamtes für Denkmalpflege (siehe unten).

Die Reste des ehemaligen Spitals stehen (Stand 11.9.2017) mit folgendem Text in der Denkmalliste:

Katholische Spitalkirche Bahnhofstraße 7, syn. Hospitalkirche, zum Hl. Geist, Saalbau mit eingezogenem Chor und Dachreiter, Anfang 15. Jh., Dachreiter 1866/67; mit Ausstattung.

Die Planung der Neubebauung trifft in der Öffentlichkeit auf tiefgreifende stadtplanerische und denkmalpflegerische Bedenken: Zitat aus dem offenen Brief des Herrn Bernreuter vom 7.9.2017:

„Die massiven und weitgehend ungegliederten projektierten Baukörper sowohl auf der Bürgerspital- als auch auf der Forum-Seite entsprechen in keinerlei Hinsicht den Vorgaben, die die Stadt selbst generell für Bauvorhaben in der Altstadt setzt. Weder die überbaute Fläche an sich, noch die Geschosszahl und Traufhöhe, die plumpe Fassaden- und Fenstergestaltung oder die Dachform passen sich auch nur annähernd in das kleingliedrige historische Umfeld ein. Insbesondere sprengen sie in eklatanter Weise den durch die Spitalkirche als erstrangiges Baudenkmal in direkter Nachbarschaft vorgegebenen Maßstab, sowohl in der Höhenentwicklung als auch durch die bedrohlich empfundene Nähe. Hier ist zu bemerken, dass auch schon die Höhe des benachbarten sogenannten Eckert-Baus für den Standort vollkommen überdimensioniert ist. …

Der entstehende Bauklotz auf dem Bürgerspitalgelände verspricht in keiner Weise eine positive Aufenthalts- und Erlebnisqualität des Areals (ebensowenig wie auf der gegenüberliegenden Seite). Dazu tragen auch die fehlenden Frei- und Abstandsflächen bei, die sogar über das eigentlich vorgeschriebene Maß zurückgestutzt werden. Dies ist zwar bei einer Bebauung in der engen Altstadt stellenweise notwendig und mitunter sogar angeraten, doch sollte sie an anderer Stelle der Planung entsprechend ausgeglichen werden … Die Visualisierung des Bauvorhabens versucht, diese Mängel durch eine irreführende Darstellung zu vertuschen…. In der völligen Verzerrung der Perspektive und Visualisierung einer Investorenphantasie, jedoch nicht der Realität, erscheint die Spitalkirche überdies frappierenderweise gleich doppelt. … Übrig bleibt nur noch ein massiver Betonklotz ohne Frei- und Abstandsflächen.“

Weitere Berichte der Presse und aus dem Internet:

Getroffen von Investorenkeule

https://www.onetz.de/amberg-in-der-oberpfalz/politik/oberbuergermeister-antwortet-mit-offenem-brief-auf-buergerspital-kritiker-getroffen-von-investorenkeule-d1745218.html

Bürgerspital und Neue Münze in Amberg - Endspurt für Projekt-Gegner

https://www.onetz.de/amberg-in-der-oberpfalz/politik/buergerspital-und-neue-muenze-in-amberg-endspurt-fuer-projekt-gegner-d1773550.html

Bierflasche statt Kinderschädel - Vandalen im Pestgrab

https://www.onetz.de/amberg-in-der-oberpfalz/vermischtes/bierflasche-statt-kinderschaedel-vandalen-im-pestgrab-d1753048.html

Seltsamer Fund auf christlichem Friedhof des Mittelalters - Zu viert und in Hockerstellung

https://www.onetz.de/amberg-in-der-oberpfalz/vermischtes/seltsamer-fund-auf-christlichem-friedhof-des-mittelalters-zu-viert-und-in-hockerstellung-d1748332.html

Dossier zum Thema Bürgerspital Amberg im Internet:

https://www.onetz.de/themen/b%FCrgerspital-amberg.html

 

Zu 2: Verfahren ehem. Kaufhaus Forum

Eintrag im Denkmalatlas: Einzel- Baudenkmal Bahnhofstraße 10 bis 12:

"Ehemalige kurfürstliche Münze, dann Gewehrmanufaktur, dreigeschossiger Traufseitbau mit Kniestock und Satteldach, 1709, mit älterem Kern, architektonisch reich gegliederte Fassade, Neurenaissance, zweite Hälfte 19. Jahrhunderts, rückwärtige Flügel zum Innenhof 1762; ehemalige Gewehrfabrik, dreigeschossiger Traufseitbau mit Satteldach, 1861, im Kern älter; im Inneren mehrere Umbauten und zum Teil Entkernung."

Unter dem Titel „Landesamt für Denkmalpflege lehnt Neue Münze ab - Höher als Nachbargebäude“ berichtet die Amberger Zeitung am 25. August 2017 über das Verwaltungsverfahren beim vorgesehenen Abbruch des ehemaligen Kaufhauses Forum (früher Storg) und die Haltung des Landesamtes für Denkmalpflege: Zweifellos bestehe in der Bahnhofstraße Handlungsbedarf, eine Planung dieser Art sei aus Sicht des Landesamtes aber nicht zustimmungsfähig. Es sei immer noch möglich, eine mit den Denkmalbehörden abgestimmte Planung zu entwickeln und Fördermöglichkeiten auszuloten.

https://www.onetz.de/amberg-in-der-oberpfalz/politik/landesamt-fuer-denkmalpflege-lehnt-neue-muenze-ab-hoeher-als-nachbargebaeude-d1776046.html

Weitere Meldungen zum Kaufhaus Forum:

Klage eingereicht gegen Pläne in Amberg - Die IG Menschengerechte Stadt kämpft gegen die öffentliche Tiefgarage am Bürgerspital-Areal und den Abriss des „Forums“. MZ 17.8.2017

http://www.mittelbayerische.de/region/amberg-nachrichten/klage-eingereicht-gegen-plaene-in-amberg-20847-art1553236.html?reduced=true

Amberg: Klagen gegen Pläne für Forum

https://www.otv.de/amberg-klagen-gegen-plaene-fuer-forum-289360/

Streit um Abbruch einer denkmalgeschützten Fassade - Blick hinter die Mauer-Kulisse

https://www.onetz.de/amberg-in-der-oberpfalz/politik/streit-um-abbruch-einer-denkmalgeschuetzten-fassade-blick-hinter-die-mauer-kulisse-d1775584.html

Protest - Klage gegen Teilabbruch des Storg-Hauses

http://www.mittelbayerische.de/region/amberg-nachrichten/klage-gegen-teilabbruch-des-storg-hauses-20847-art1556973.html

Bürgerspital und Neue Münze in Amberg - Endspurt für Projekt-Gegner

https://www.onetz.de/amberg-in-der-oberpfalz/politik/buergerspital-und-neue-muenze-in-amberg-endspurt-fuer-projekt-gegner-d1773550.html

Gegen beide Maßnahmen richtet sich der Offene Brief von Bertold Bernreuter vom 7.9.2017 an die Stadträte der Stadt Amberg: als PDF zum Download

Stellungnahme des Denkmalnetzes

Das Denkmalnetz Bayern befürchtet nicht wieder gut zu machende Eingriffe in die Altstadt von Amberg durch den Abbruch eines wichtigen Baudenkmals und überzogene Neubauten in der Bahnhoftraße. Es hofft auf einen denkmalfreundlichen Planungsprozess. Sollten sich die Stadtväter nicht selbst auf die Werte ihre einmaligen Altstadt besinnen, müssen sie mit Hilfe der übergeordneten Behörden und des Landesdenkmalrats zur Einhaltung ihrer gesetzlichen Pflichten angehalten werden.

Dieter Martin

11.9.2017

Gefährdung

Gefährdet ist das Ensemble neuerdings durch zwei große Baumaßnahmen in der Bahnhofstraße:

1. Bebauung im Areal des ehemaligen Bürgerspitals;

2. Abriss des Kaufhauses Forum, Denkmal Bahnhofstraße 10 bis 12, ehemalige kurfürstliche Münze, und vorgesehene Neubebauung.

Aus der Mittelbayerischen Zeitung vom 17.8.2017: „Als größte Aufgabe der gegenwärtigen Legislaturperiode hat der Amberger Stadtrat die „Wiederbelebung“ des ehemaligen Bürgerspital-Geländes (Nr. 1) und des ehemaligen Storg-Kaufhauses (Nr. 2) ausgerufen. 25 Millionen Euro für das Projekt Bürgerspital, 20 Millionen Euro für die „Neue Münze“ sollen verbaut werden. Für das Gelände zwischen Spitalkirche, Wirtschaftsschule und dem ehemaligen Ring-Theater will ein holländischer Immobilien-Investor in einem neuen vierstöckigen Gebäudekomplex Wohnen, Handel und Dienstleistungen einziehen lassen. Im Untergeschoss soll einmal eine teil-öffentliche Tiefgarage Parkraum für 172 Autos bieten.

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