gefährdet

München Klinik Possartstraße 29
Possartstr. 29
81679 München

Eingestellt von: Denkmalnetz Bayern
Eingestellt am: 28.09.2017
Geändert am: 04.10.2017

Bayerische Denkmalliste: eingetragen
Denkmalatlas / Aktennummer:
Denkmal-Typ: Einzeldenkmal im Ensemble

München Klinik Possartstraße 29

Wehret den Planungen: "Die Nase voll vom Präzedenzfall"

Die Villa Possartstraße 29 ist unter Nr. D-1-62-000-5469 als Einzeldenkmal in die Denkmalliste eingetragen:

Villa, zweigeschossiger putzgegliederter Walmdachbau in neuklassizistischen Formen mit Altane, Balkons und Stuckdekor, von den Gebrüdern Ludwig, 1912.

Sie ist außerdem Bestandteil des Ensembles Bogenhausen:

Auszug: Das Ensemble Bogenhausen ist mit den Villen- und Wohnvierteln sowie den Platzanlagen eine städtebauliche Gesamtanlage von hohem Rang und überregionaler Bedeutung. Zur Koordination der baulichen Entwicklung der Stadt München wurde 1892 der erste städtebauliche Ideenwettbewerb ausgeschrieben. … Die Wettbewerbsbeiträge … flossen bei der Aufstellung eines Generallinienplans ein. Im Zuge dessen entwickelte Theodor Fischer 1904 einen Staffelbauplan, der noch bis Ende des Jahres 1979 gültig war und städtebauliches Instrument von einer über die Stadt München weit hinausgehenden geschichtlichen Bedeutung ist.“

 

Auszug aus dem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 25. September 2017 von Ulrike Steinbacher:

"Die bestehende HNO-Klinik verteilt sich auf drei herrschaftliche Villen. Der Anbau im Garten von Hausnummer 29 beschäftigt jetzt die Lokalpolitiker. Nach dem illegalen Abriss des Giesinger Uhrmacherhäusls wollen Bogenhausens Lokalpolitiker bei den Umbauplänen für einen Siebzigerjahre-Anbau an die HNO-Klinik Dr. Gaertner hart bleiben. … Und jetzt sei es an der Zeit, im Denkmalschutz mal "klare Kante" zu zeigen, sagte Robert Brannekämper der jüngsten BA-Sitzung.

Die Klinik Dr. Gaertner hat 1953 Wolfram Gaertner gegründet. … Zunächst war sie auf die 1912 gebaute Gründerzeit-Villa an der Possartstraße 29 beschränkt, die 1977 um den Anbau an der Rückseite erweitert wurde. 1999 wurde die Klinik erweitert: Hausnummer 27 kam dazu. Bei einer zweiten Erweiterung 2013 wurde auch das andere Nachbarhaus einbezogen: In Hausnummer 31, einer weiteren herrschaftlichen Villa aus derselben Epoche, ebenfalls unter Denkmalschutz, ist die HNO-Psychosomatik untergebracht.

Im aktuellen Bauantrag für Nr. 29 geht es u.a. um Brandschutz und ein Tiefgeschoss für den 40 Jahre alten Anbau, um einen Technikraum unterzubringen. Das Haus werde so bleiben, wie es seit Jahrzehnten dastehe, versicherte Kilian Gaertner in der Sitzung. Lediglich "Verbesserungen am Fassadenkleid" würden vorgenommen. Darüber hinaus aber beantragt die Klinik auch die endgültige Legalisierung des Anbaus. Dessen Baugenehmigung war nach Brannekämpers Worten 1977 nur befristet auf 15 Jahre erteilt und dann bis 2017 verlängert worden. Der Denkmalschutz habe aber damals schon Bauchschmerzen gehabt. Heute sähen sowohl das Landesamt wie auch die Untere Denkmalschutzbehörde in der Stadtverwaltung die Sache sehr kritisch.

"Die Klinik hat 40 Jahre Zeit gehabt, sich einen anderen Standort zu suchen", fasste Brannekämper die ablehnende Haltung zur Legalisierung des Anbaus zusammen. "Es kann nicht sein, dass man aus der Großzügigkeit von damals jetzt einen Rechtsanspruch ableitet." Xaver Finkenzeller sprach von einer "Verschandelung" und versicherte: "Wir werden viel dafür machen, dass das so nicht betrieben wird." Der Denkmalschutz müsse jetzt Vorrang haben, ein Präzedenzfall abgewendet werden. Die CSU-Vertreter kündigten schon einmal juristische Schritte an: Wenn die Lokalbaukommission trotz aller Einwände eine Genehmigung erteile, "müssen wir klären, ob das rechtlich geht", sagte Brannekämper.

In einem Kommentar von Thomas Kronewiter ergänzt die SZ:

„Das Forum allein reicht nicht"

"Nach spektakulären Fällen wie dem Abriss des Giesinger Uhrmacherhäusls ist Denkmalschutz kein Nischenthema mehr. Er gehört zu den essenziellen Fragen der Stadtgesellschaft, an denen die Münchner interessiert sind

Populistische Politiker nutzen die Gunst der Stunde, um sich in einem minder spektakulären Fall durch eine besonders harte Haltung zu profilieren. So könnte man die Ablehnung eines Umbauantrags aus der Bogenhauser Gaertner-Klinik verstehen. Man kann sich aber auch darüber freuen, dass zuletzt besonders krasse Denkmalschutz-Fälle wie etwa die Gründerzeithäuschen an der Schwabinger Sailerstraße, die Nachnutzung der alten Tierklinik an der Königinstraße, die Alte Akademie in der Fußgängerzone oder das illegal abgerissene Uhrmacherhäusl in Giesing der Stadt eine neue Sensibilität beschert haben.

Denkmalschutz, also die Bewahrung des historisch Wertvollen, im Spannungsfeld zwischen den berechtigten Interessen von Eigentümern einerseits, dem Wunsch einer Anteil nehmenden Öffentlichkeit nach Bewahrung andererseits - das war lange ein Thema für Experten. Denkmalschutz stand lange für politische Eingriffe wie an der Kolbergerstraße in Bogenhausen, für Ortstermine unter weitgehendem Ausschluss der Bevölkerung. Dass es auch anders geht, dass es anders viel mehr Sinn macht, weil es die Akzeptanz fördert oder gar erst herstellt, praktiziert nicht zuletzt das Münchner Forum als Diskussionsverein seit Jahrzehnten - mit enormem Elan und mit zunehmend mehr Interessenten.

Den Münchnern ein Forum für essenzielle Fragen der Stadtgesellschaft zu bieten, diese kühne Idee von Bürgerbeteiligung hat in den vergangenen Jahren zunehmend Schule gemacht. Nicht von ungefähr lädt das städtische Planungsreferat inzwischen nahezu routinemäßig zu Workshops und Mitgestaltungsrunden ein - vor allem bei Neubauvorhaben. Dass auch der Streit um den Denkmalschutz, seine Anwendung, Ausnahmen von der Regel und das rechte Maß ins Licht der Öffentlichkeit gehören und nicht bloß in Behördenstuben und Wirtshaus-Hinterzimmer, ist dieser Tage unübersehbar.

Die Forderung ist leicht erhoben, doch das Angebot allein schafft noch keine Streitkultur. Damit ernsthaft, mit Niveau und Gewinn gerungen werden kann, braucht es Diskussionsteilnehmer und ein interessiertes Publikum. Das gilt für die Bezirksausschuss-Abende im Wirtshaus ebenso wie für Podiumsveranstaltungen des Münchner Forums und die Debatten im Rathaus-Sitzungssaal. Nicht nur im Wahlkampf.“

Link zum Münchner Forum:

http://muenchner-forum.de/

Links zu den Artikeln der Süddeutschen Zeitung:

http://www.sueddeutsche.de/muenchen/bogenhausen-die-nase-voll-vom-praezedenzfall-1.3682201

http://www.sueddeutsche.de/muenchen/kommentar-das-forum-allein-reicht-nicht-1.3682180

 

Das Denkmalnetz Bayern begrüßt die zunehmende Bereitschaft von Behörden, den Denkmalschutz auch in Verfahren nach der Bayerischen Bauordnung einzubeziehen – eigentlich eine Selbstverständlichkeit nach der geltenden Rechtslage. Wir begrüßen auch das Erwachen der Aufmerksamkeit der Bürgerinnen und Bürger für das behördliche Verhalten und die kritische Begleitung von Verwaltungsverfahren. Wir werden den weiteren Fortgang der Angelegenheit aufmerksam verfolgen.

Dieter Martin

Datum: 28.09.2017

Weitere Informationen: Hinweis auf Fotos und Anderes in der SZ und im Denkmalatlas Bayern

Gefährdung

Unter dem Titel „Bogenhausen – Die Nase voll vom Präzedenzfall“ berichtet die Süddeutsche Zeitung vom 25. September 2017 über das Genehmigungsverfahren für die Klinik Possartstraße 29 in München. Beantragt ist die Verlängerung der Genehmigung für die Erweiterung der historischen Villa um einen Anbau an der Rückseite.

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