Munitionsanstalt Bamberg
Verkannte Bedeutungen und Zusammenhänge im Bamberger Osten
Die Stadt Bamberg war über Jahrhunderte hinweg stets militärisch geprägt. Soldaten der Fürstbischöfe, des bayerischen Königs sowie des Kaiserreiches, der NS-Diktatur und der amerikanischen Besatzungsmacht nahmen Einfluss auf Stadtbild und Stadtgeschehen. Der Abzug der US-Streitkräfte 2014 setzte dieser vielschichtigen Militärgeschichte ein Ende – und hinterlässt der Stadt eine Vielzahl an Bauwerken, ja ganze Stadtteile. Nun drängt sich die entscheidende Frage nach einer weiteren Nutzung der Kasernen und Militärareale auf.
Einen Teilbereich dieser Flächen stellt das Areal der ehemaligen Munitionsanstalt (Muna) Bamberg dar. Das rund 140 Hektar große Gebiet versteckt sich im Osten Bambergs zwischen Gewerbe- und Industrieanlagen und dem anschließenden Hauptsmoorwald. Von 1945 bis 2014 gehörte das Gelände der in Bamberg stationierten US-Garnison. An einer umfassenden Weiternutzung der baulichen Anlagen hatten die amerikanischen Streitkräfte bisweilen jedoch kein besonderes Interesse, weshalb das Gros der Anstalt bis heute im Zustand der letzten Nutzung von 1945 verblieb.
Die Einrichtung einer Munitionsanstalt in Bamberg erfolgte allerdings deutlich früher: schon 1917 wurden 43 Gebäude und Bunker auf knapp 63 Hektar errichtet. Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges ging das Gelände als „städtischer Industriehof“ in zivile Nutzung über. Hier zog unter anderem von 1925 bis 1927 der Flugzeughersteller Messerschmitt ein und errichtete 10 Fertigungshallen. Im Zuge der Wiederaufrüstung unter der NS-Herrschaft wurde die Muna in den 1930er Jahren dann aber wiederbelebt. Sie zählte damals zu den 31 Hauptmunitionsanstalten des Deutschen Reiches. Das Areal ließ man flächenmäßig vergrößern und um rund 60 Gebäude und Bunker erweitern. Bis heute haben sich etliche Zeugnisse aus dem Zeitraum zwischen 1917 bis 1945 in Form von Wach-, Verwaltungs- und Offiziersgebäuden sowie Baracken und Bahnanlagen auf der Anlage erhalten.
Die heute isoliert wirkende Lage täuscht. Die Muna war in einen Kontext an militärischen Baulichkeiten und Anlagen eingebettet, der größtenteils immer noch besteht. Hierzu zählen Schieß- und Exerzierplatz, Offizierswohnungen, Heeresverpflegungs- und Proviantamt samt Lagern, Scheunen und Zellenspeichergebäuden. Der gesamte Bamberger Südosten, südlich der Geisfelderstraße und östlich der Bahnstrecke Bamberg-Nürnberg, bildete demnach ein zusammenhängendes Gebiet militärischer Nutzung, welches sich bis heute als solches wahrnehmen lässt. Deshalb ist der Militärische Komplex um die Muna ein wichtiger Bestandteil des militärhistorisch interessanten Bamberger Ostens, der Beschaffenheit und Wesen von Kasernen und Militäranlagen vom späten 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart in einer vielschichtigen Weise erkennen lässt.
Gefährdung
Nach endgültiger Aufgabe des Armeestandortes und dem damit verbundenen Freiwerden der Flächen steht die Entscheidung für eine entsprechende Nutzung der Muna an. Das Gebiet erscheint auf den ersten Blick ideal für eine Gewerbe- und Industrienutzung geeignet zu sein, da es verkehrstechnisch gut zu erreichen ist, nur in kleinen Teilen an Wohnbebauung grenzt und die Stadtsilhouette des Weltkulturerbe Bambergs nicht beeinträchtigt. Eigentlich beste Voraussetzungen für den neuen „Gewerbepark Geisfelderstraße“.
Die vorhandenen historischen Baulichkeiten und Strukturen des Muna-Areals allerdings passen kaum zu einer gewerblichen oder industriellen Nutzung – sie wurden damals aus Gründen der Tarnung vielgliedrig weit verstreut und im Wald angelegt. Aufgrund der schwachen Nutzung seitens der Amerikaner sind die Bauwerke, teilweise sogar mit originaler Ausstattung, noch unverändert erhalten. Dieser Zustand ist einzigartig, wie der Fränkische Tag 2014 berichtete (https://www.infranken.de/lk/bamberg/naturschuetzer-wollen-neue-gewerbeflaechen-in-bamberg-verhindern-art-825416) und unbedingt schützenswert.
Die Pläne der zukünftigen Bebauung aber ignorieren und überdecken die Beschaffenheit des Areals vollständig (vgl. Flächennutzungsplan vom 15.12.2015). Mit der Überplanung würde die noch vorhandene Zusammensetzung der verschiedenen militärischen Anlagen gänzlich zerrissen und nicht mehr lesbar sein. Der Kontext der unterschiedlichsten Baulichkeiten im Bamberger Süd-Osten ginge verloren – und mit ihm ein nicht unerheblicher Teil Bamberger Geschichte, ja deutscher Militärgeschichte.
Rettung
Zumindest ein kleiner Teil um den ehemaligen Löschwasserteich der verwilderten Anlage ist bereits als Naturschutzgebiet ausgewiesen worden und bleibt erhalten. Ein weiterer, rückwärtig und versteckt liegender Bereich mit Bunkeranlagen soll ebenfalls nicht überbaut werden. Isoliert und aus dem Kontext gerissen wäre dieser aber seiner Aussagekraft beraubt.
Ein vergleichbares Objekt, die jüngere Munitionsanstalt in Breitengüßbach, welche nur rund acht Kilometer Luftlinie entfernt liegt, ist bereits als Denkmal nachqualifiziert worden. In Bamberg hingegen ist bislang kein einziger Teil der baulichen Anlagen des 20. Jahrhunderts als Denkmal eingetragen. Auch der Kontext, in dem die einzelnen Gebäude und Areale zueinander stehen, wird verkannt. Ein erster Schritt wäre, ein denkmalfachliches Gutachten einzuholen, welches die militärischen Anlagen in ihrem jeweiligen Zusammenhang und hinsichtlich ihres militärhistorischen Wertes sowie ihrer Bedeutung für die Stadt Bamberg als Militärstandort sachkundig betrachtet.
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