Stammhaus des Bayerischen Roten Kreuzes von 1925 in Kulmbach
Neue Kita ohne Umbaukultur, BRK plant Abriss statt Sanierung
Entstehungsgeschichte
Das vom Abriss bedrohte Bauwerk ist das architektonische Symbol für die Geschichte des Bayerischen Roten Kreuzes in Kulmbach. Bereits Bürgermeister und Hofrat Wilhelm Flessa setzte sich vehement für diese Organisation ein. Sein Nachfolger, Bürgermeister Dr. Hans Hacker (1888 -1953), tat es ihm gleich. Hacker war von 1920 bis bis 1933 das rechtskundige Haupt der Stadt, ehe ihn als erster Bürgermeister in Bayern der braune Mob aus dem Rathaus vertrieb.
Als Leutnant hatte Hacker am 1. Weltkrieg teilgenommen, das Grauen des Krieges selbst erlebt. Er übernahm den Vorsitz der freiwilligen Sanitätskolonne. Seine Frau Berta leitete den Frauenzweigverein mit bald 400 Mitgliedern und organisierte Vorträge, Koch- und Nähkurse. Die Frauen sammelten Geld, Kleidung und Lebensmittel und verteilen sie an Bedürftige. Es gab nur kein eigenes Gebäude für diese Tätigkeiten. Das änderte sich 1925, als das Rotkreuzheim in der Flessastraße fertig wurde, dessen Bau Bürgermeister Hacker vorangetrieben hatte. Für die Bedürfnisse der Organisation wurden dort Küche, Speise- und Versammlungssaal eingerichtet.
Bis zum Umzug im Jahr 2016 an den Rot-Kreuz-Platz (vorheriges Postgebäude, Nähe Bahnhof) war in der Flessastraße 1 die Verwaltung des BRK-Kreisverbands untergebracht. Hier war auch der Standort der mobilen Dienste des BRK. Es fanden Schulungen und Fortbildung der ehrenamtlichen Helfer statt sowie regelmäßige Blutspendetermine, die Erste-Hilfe-Ausbildung für den Führerschein und Faschingsbälle. Ein Foto von 1965 zeigt, als Beispiel für die Vergangenheit dieses Hauses, sich drängende Kulmbacher im Rotkreuzheim bei Massenimpfungen gegen die Schwarzen Pocken.
Sanierung 2016 geplant
Anlässlich des Umzugs wurde der damalige BRK-Kreisgeschäftsführer Jürgen Dippold von der Bayerischen Rundschau am 26.02.2016 befragt. Unter anderem stellt Dippold dabei fest, dass die Sanierung des Hauses geplant sei (Zitat): „Nach dem Auszug wird das Gebäude grundlegend saniert. Künftig werden hier Wohngemeinschaften untergebracht; das können sozial Schwache, Behinderte oder Nichtbehinderte sein. Die moderne Energieversorgung erfolgt - wie bei allen acht BRK-Immobilien am Standort - durch eine Fernwärmeleitung zum Blockheizkraftwerk, das gegenüber im Schülerwohnheim installiert wurde.“
Das BRK-Heim als Teil der Kulmbacher Baukultur
Das BRK-Heim ist Teil des Villenviertels am Westende des Kulmbacher Stadtparks, das sich dort in den 1920er Jahren mit einer ganzen Reihe von Bürgerhäusern und Villen entwickelte. Es wird in der Bestandsanalyse „Kulmbach – Das städtebauliche Erbe“ (Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege,1999, Seite 173/174) von Prof. Dr. Thomas Gunzelmann, Angelika Kühn und Christine Reichert erwähnt: „Dass die Firma Backer auch in späteren Jahren Aufträge in dem benachbarten Quartier ausführte, zeigt das von ihr 1925 errichtete Rot-Kreuz-Heim (Flessastraße 1), ein zweigeschossiger Putzbau mit sehr hohem Walmdach, kleinteilig gesproßten Fenstern mit Natursteinrahmung, einem aufwendigen Eingangsportal und den expressionistisch anmutenden dreieckigen Dachgauben.“
Typisch für die Reformarchitektur zeigt der Entwurf des Kulmbacher Architekten und Bauunternehmers Robert Backer Proportionen mit klassische Strenge, die jedoch durch mit bedacht gesetzte Details gelockert wird. Bemerkenswert ist, wie oben bereits erwähnt, das stilistisch wie handwerklich schön gestaltete und zudem hervorragend erhaltene Eingangsportal. Eine Qualitätsmerkmal mit der das Baudenkmal der konformen Langeweile zeitgenössischer Würfelarchitektur angenehm entgegensteht. Das dreieckige Oberlicht über dem Haupteingang zur Flessastraße könnte aufgrund seiner unverkennbaren Symbolik eine Anspielung auf Flessas wie Hackers Zugehörigkeit zur Kulmbacher Freimaurerloge "Friedrich zur Frankentreu" sein.
Unter dem Strich ist das Kulmbacher BRK-Heim von 1925 ein typisches Beispiel der damaligen Reformarchitektur in Abkehr zum Historismus der Kaiserzeit. So gehört das knapp 100 jährige, wertige wie massive Gebäude (wie der unlängst zerstörte Güterbahnhof) leider zu dem Typ von historischen Gebäuden, denen kurzsichtige Zeitgenossen trotz intakter Substanz versagen, was früher normal war: Eine Lebensdauer von 200-300 Jahren und die stete Anpassung an neue Anforderungen durch Ressourcen schonende Sanierung und zweckgerechten Umbau.
Denkmalwert ist m.E. nach Definition des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes gegeben. Das Gebäude ist aufgrund seiner architektonischen Qualität und der mit dem Bauwerk verbundenen Geschichte als Baudenkmal zu betrachten. Eine Qualität, die in Kulmbach wohl leider weder das Thema einer Diskussion ist, noch überhaupt Beachtung zu finden scheint.
Stammhaus des Bayerischen Roten Kreuzes von 1925 in Kulmbach - Fotos
Gefährdung
Abriss geplant
Nachdem es 2016 noch konkrete Pläne zu Sanierung und Umnutzung gab (siehe oben), wurde Ende September 2024 bekannt, dass das BRK sein Stammhaus pünktlich zum 100. Geburtstag abreissen möchte und eine Kita lieber in einem anderthalbgeschossigen Neubau ansiedelt. Nachdem die Nachricht zum geplanten Abriss des Baudenkmals in der Frankenpost und der Bayerischen Rundschau nur als umkommentierte Begleiterscheinung eines geplanten Kita-Neubaues erwähnt wurde, gab es in sozialen Netzwerken dagegen doch zumindest einige Einwände. Mit Bezug auf diese erschien in der Ausgabe zum 2/3 Oktober in der BR ein Artikel zu dem Thema - Kritik an den Rot-Kreuz-Plänen - (Artikel als PDF siehe Anhänge unten)
Einwände formulierte im Artikel von Jürgen Gärtner beispielsweise die Architektin Corina Häublein vom renommierten Büro für Architektur und Stadtplanung H2M. Sie attestiert dem Gebäude eine ordentliche Bausubstanz und sieht keinen Grund für einen Abriss, glaubt stattdessen an viele Möglichkeiten, die existieren um aus dem Gebäude etwas zu machen. Mit Blick auf Klimawandel und CO2-Ausstoß sei es nicht sinnvoll gute Bausubstanz abzureissen, zu entsorgen und neu zu bauen. Zitat: "Gerade bei diesem Gebäude würde ich noch einmal darüber nachdenken."
BRK-Geschäftsführer Stefan Adam gab in dem Artikel weiter an, dass man sich natürlich Gedanken darüber gemacht habe, wie das Gebäude weiter genutzt werden könne, es aber leider ungeeignet sei, um etwas Neues darin unterzubringen. Auch wenn das Gebäude weder marode noch baufällig sei, so bestehe ein sehr hoher Sanierungsbedarf, vor allem bei Dach und Keller, der sich nicht mehr rechne. Den Umbau in einen Kindergarten wurde geprüft, so gab er an und betonte dazu, dass man sich die Entscheidung nicht einfach gemacht hat. Mit Blick auf die hohen energetische Anforderungen habe man sich für einen Neubau entschieden. Details zu den Kalkulationen nannte er nicht. Unerwähnt blieb so, welche Planer das BRK hier berieten, wie gewissenhaft Bauaufnahme und Kalkulation war bzw. ist und ob auch Fachleute mit Expertise, Erfahrung und Lust auf Altbausanierung vor einer Entscheidung pro Abriss beim BRK Gehör fanden.
Als PDF im Anhang ein Leserbrief mit einem Plädoyer pro Baudenkmal und Umbaukultur vom Autor dieser Zeilen (Titel: Kita ohne Erbe und Umbaukultur, erschienen in der Bayerischen Rundschau vom 5/6 Oktober)
Verlust
So gut wie sicher, in Kulmbach gibt es leider wenig Hemmungen sanierungswerte Baukultur mit Wert an Substanz, Tradition und Geschichte zugunsten öder 08/15 Neubauten als unwert zu diskreditieren, ein schneller Abriss ist zu befürchten.
Rettung
Nicht in Sicht
Kontakt
Dietmar Popp
proetschenbach@posteo.de
Wir brauchen Ihr Einverständnis
Dieser Inhalt wird von Dieser Inhalt wird von OpenStreetMap (OSMF) mit Leaflet bereit gestellt.
Weitere DetailsWeitere Informationen