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Abbruch des ältesten Bauernhauses der nördlichen Oberpfalz, Obermainshof, Landkreis Amberg-Sulzbach
Obermainshof 1
92229 Neukirchen

Eingestellt von: Dieter Martin
Eingestellt am: 13.09.2017
Geändert am: 19.12.2017

Bayerische Denkmalliste: eingetragen
Denkmal-Typ: Einzeldenkmal

Abbruch des ältesten Bauernhauses der nördlichen Oberpfalz, Obermainshof, Landkreis Amberg-Sulzbach

Landratsamt Amberg-Sulzbach: Denkmalfrevel in Obermainshof

Unter dem Titel „Ein Stück Geschichte entsorgt“ berichtet die Amberger Zeitung am 10. September 2017 über das Verwaltungsverfahren beim Abbruch des ältesten Bauernhauses der nördlichen Oberpfalz.

Das Baudenkmal war mit folgendem Text unter der Nummer D-3-71-141-22 in der Denkmalliste eingetragen:

Landkreis Amberg-Sulzbach, Gemeinde Neukirchen, Ortsteil Obermainshof: „Bauernhaus Obermainshof 1, Bauernhaus, ehem. Wohnstallhaus, eingeschossiger Bruchsteinbau mit Satteldach und Fachwerkgiebeln, 1533/34 (dendro.dat.).“

Auszüge aus dem Artikel von Herrn Andreas Ascherl in der Amberger Zeitung:

„Das Haus, das es nicht mehr gibt, war rund 500 Jahre alt. … Mit Hilfe der Dendrochronologie lässt sich aber zweifelsfrei sagen, dass die Bäume, aus denen der Dachstuhl gezimmert worden ist, im Winter 1533/34 gefällt worden sind. Erstaunlich, dass es das Haus noch gibt –oder besser gab. Die Oberpfalz war sehr oft Kriegsgebiet. Allein im Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648) zogen hier in regelmäßigen Abständen die marodierenden Truppen der Kaiserlichen und der Schweden durch. Die Dörfer waren danach weitgehend entvölkert, die Höfe zerstört. In Obermainshof im heutigen westlichen Landkreis Amberg-Sulzbach überstand ein Bauernhaus diese Wirren. Generationen von Menschen lebten hier danach, bewirtschafteten ihre Felder und hielten das Haus mehr oder weniger gut in Schuss.  Im Jahr 1977 war dann Schluss. Die Eigentümer bauten sich nebenan ein neues Haus, das alte hatte seinen Zweck erfüllt und war von nun an dem Verfall preisgegeben. …

Das Landesamt für Denkmalpflege und das Landratsamt hatten über den Antrag auf Abriss zu befinden. Der Kreisheimatpfleger hatte durchaus Verständnis für die Position der Eigentümer. „Eine Nutzung hat sich nicht ergeben“, so räumt er ein. Trotzdem hätte er das Haus gerne erhalten gesehen. Wenigstens den historischen Dachstuhl. „Der war nämlich noch einwandfrei. Ich habe selten so einen gut erhaltenen Dachstuhl aus dieser Zeit gesehen.“ Ihn verwundert die so plötzlich erstellte Genehmigung. „Von Abriss war überhaupt keine Rede.“ Zunächst weder vom Landesamt für Denkmalpflege noch der Unteren Denkmalschutzbehörde. Dass dann das Landratsamt die Maßnahme trotzdem erlaubt hat, ist verwunderlich. Man kann davon ausgehen, dass das dann am Ende die Politik so entschieden hat. Zumal es die Möglichkeit einer Notsicherung gegeben hätte. Einen Aufschub, eine Frist, in der alle Beteiligten Zeit gehabt hätten, zu überlegen, was mit diesem historischen Kleinod geschehen soll. Das Landesamt für Denkmalpflege bestätigt auf Nachfrage, es habe in diese Richtung Gespräche und schließlich ein Angebot an die Eigentümer gegeben: …

Nach Informationen unserer Zeitung war das Landesamt bereit, 90 Prozent der Kosten für eine Notsicherung zu übernehmen. Die Besitzer hätten rund 4000 Euro bezahlen müssen, um dem Haus zehn oder 15 Jahre zu geben, in denen von der Sanierung bis hin zum Abbau und der Rekonstruktion an anderer Stelle viel hätte passieren können. Das wollte die Familie nicht.

Das Landesamt für Denkmalpflege ließ nicht locker. Die Eigentümerin fühlte sich regelrecht verfolgt von den Beamten aus München und nahm sich einen Anwalt. Das Amt erhob die Auflage, das Gebäude zum Kauf anzubieten. … „Ein halbes Jahr haben wir es für einen Euro in Ebay angeboten, gemeldet haben sich nur Grundstücksspekulanten. … Aber es wurde ja nicht miteinander geredet, es wurde schnell abgerissen.“

Das ist der gravierendste Vorwurf: Dass praktisch über Nacht das Landratsamt die Abrissgenehmigung erteilt habe –und die Bagger praktisch schon in den Startlöchern standen, damit der Abbruch nicht mehr aufgehalten werden konnte. Ohne Not und Eile zu haben.“

Aus der Stellungahme des Landesamtes für Denkmalpflege:

„Das Haus war aufgrund des nicht ausreichenden Bauunterhalts in einem schlechten Zustand. Es wäre allerdings, unter anderem aufgrund der guten Holzqualität, instandsetzungsfähig gewesen. Aufgrund der außergewöhnlichen Bedeutung des Hauses hat sich das BLfD stets für den Erhalt ausgesprochen und für eine „Notsicherung“ Fördergelder in erheblichen Umfang zur Verfügung gestellt.“

Aus dem Kommentar von Andreas Ascherl:

„Hinterher nach dem oder den Schuldigen zu suchen, ist so müßig wie schwierig. Denn natürlich haben alle Seiten mehr oder weniger recht. Vielleicht war das Haus baufällig, vielleicht auch nicht. Vielleicht hätte es gerettet werden können, wenn nur alle an einem Strang gezogen hätten, vielleicht hätte sich tatsächlich ein Museum erbarmt und das Gebäude abgebaut. Jetzt ist es zu spät. Mit einem Federstrich hat der Landrat vollendete Tatsachen geschaffen. Und wieder hat ein Oberpfälzer Dorf ein bisschen von seinem Gesicht verloren. Schade für unsere Kultur.“

Link: https://www.onetz.de/neukirchen-bei-sulzbach-rosenberg/kultur/aeltestes-bauernhaus-der-noerdlichen-oberpfalz-abgerissen-ein-stueck-geschichte-entsorgt-d1778928.html

Das Denkmalnetz Bayern bedauert den neuerlichen behördlichen Schnellschuss des Landratsamtes, das unter offenkundiger Missachtung der Rechtslage rechtswidrig die Erlaubnis zum Abbruch des erhaltungsfähigen wichtigen Baudenkmals erteilt hat. Aus zuverlässiger Quelle war zu erfahren, dass das Denkmal vor dem Abbruch nicht dokumentiert wurde – ein unverzeihlicher Lapsus des Landratsamts. Übrigens: In Brandenburg müssten die Verantwortlichen nach dem dortigen Denkmalschutzgesetz mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 500.000 Euro rechnen (§ 26 DSchGBbg: (3) Ordnungswidrig handelt, wer wider besseres Wissen entgegen diesem Gesetz die Erlaubnis zur Zerstörung eines Denkmals erteilt. (4) Ordnungswidrigkeiten können mit Geldbuße bis zu 500 000 Euro geahndet werden.)

In diesem Zusammenhang verweist das Denkmalnetz auf den Beitrag von Dr. Dieter Martin: „Denkmalabbrüche nach Gutsherrnart“ in der Schöneren Heimat 2013, Heft 1, als PDF zum Download.

Dieter Martin

11.9.2017

Abbruch des ältesten Bauernhauses der nördlichen Oberpfalz, Obermainshof, Landkreis Amberg-Sulzbach - Fotos

Verlust

Abbruchgenehmigung des Landratsamts

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