Außenanlage des DAV-Kletterzentrums München Süd
Denkmal der Freikletterbewegung mit einzigartigen felsähnlichen Beton-Strukturen erhalten
Entstehung der Kletteranlage 1988 – 1989
Da München - seit langem Zentrum der Felskletterei - nur wenig natürliche Felsen zu bieten hat, wurde hier einer der ersten künstlichen Klettergärten errichtet.
Die Erbauer der Freianlage haben hier z.T. ehrenamtlich sehr kreativ und detailverliebt eine felsähnliche Struktur in Beton nachgebildet. Sie haben mit Hilfe von Bunsenbrennern und anderen Werkzeugen die positiven Strukturen in Styropor eingraviert. Für Löcher und Sanduhren wurden Styropor und Kabelleerrohre eingesetzt. Teilweise sind sogar Tiere in die Struktur eingearbeitet. Es wurden bekannte Kletter-Routen aus dem Wilden Kaiser, dem Karwendel und anderen nachempfunden, um sich optimal auf das Felsklettern vorzubereiten.
Ein solcher Aufwand ist heute nicht mehr zu finanzieren. Auch deshalb werden heute nur noch Platten mit Kunststoff-Griffen verwendet.
Architektonische Gestaltung
Das sog. Gruber Gebirg‘ fügt sich gelungen in die Topographie ein. An der Isarhangkante wurde im westlichen Bereich des Grundstücks Kriegsschutt abgeladen. Inzwischen ist dort ein eingetragenes Biotop mit großen Bäumen entstanden.
Der Hang wird von Stützwänden, die als Kletterwände dienen, gehalten. Auf der Westseite stehen diese ca. 2 Meter über den Hang. Sie werden heute im Hochsommer zum Bouldern genutzt. Die Hangkante bleibt erlebbar durch eine Freitreppe und einen Pfad, die den oberen und unteren Bereich miteinander verbinden.
Auf der Ostseite variieren die Wände von sanft geneigt (Platte und Kinderkletterwand) bis stark überhängend (heute der sog. Schrein). Im Zentrum sind drei verschieden hohe Türme angeordnet. Sie bilden mit den umgebenden Wänden zwei „Höfe“.
So entsteht ein attraktiver Freiraum von hoher Aufenthaltsqualität. Südöstlich ausgerichtet und durch die Hanglage windgeschützt ist sie nahezu ganzjährig nutzbar. Das zeigt insbesondere die große Beliebtheit des „Schreins“. Dieser Boulderbereich ist ein wahres Kleinod. Er ist bei Anfängern wie Ambitionierten sehr beliebt: der freie Blick ins Grüne, Kiesboden und Trampolin zum Spielen, Tische und Bierbänke in der Nähe sorgen für eine Atmosphäre, in der sich viele wohl fühlen und schnell ins Gespräch miteinander kommen.
Hohe bauliche Qualität
Der Architekt der Anlage und eine Sachverständige für Baustoffanalytik
bestätigen die bautechnisch hohe Qualität der Betonanlage. Ein entsprechendes Gutachten liegt vor.
Einzigartiges Erlebnis des Freikletterns
Die Anlage entstand in der Hochzeit des Freikletterns. Die Kletterer dieser Zeit haben einen ganz neuen Stil etabliert, der inzwischen weltweit als Standard beim Klettern gilt. Eng verbunden ist damit auch ein Lebensstil – naturnah und frei.
Die Münchner Außenanlage ist zum einen ein Pioniers-Bauwerk dieser Zeit und leitet zugleich den großen Erfolg des Kletter- und Bouldersports ein. Sie bietet bis heute ein einmaliges Klettertraining an felsähnlichen Strukturen und ermöglicht wie keine künstliche Kletter-Anlage die Vorbereitung für das Klettern in den Bergen und am Fels.
Die langen Quergänge ermöglichen eine gezielte Verbesserung der Kraft-Ausdauer, die unzähligen Strukturen des Betons erlauben eine unbegrenzte Kombination von Zügen unter dem Einsatz der eigenen Kreativität.
Außerdem haben Kinder bis heute großen Spaß, die Türme der Anlage in Kletterkursen zu erobern und erlernen so spielerisch die Techniken für alpines Klettern.
Auch aus volkskundlicher Sicht hat diese Anlage also einen hohen Zeugniswert in der Entwicklung des Alpinsports.
Denkmalschutz als Chance für mehr Nachhaltigkeit
Denkmalschutz hat viel mit der Wertschätzung vergangener Leistungen und Nachhaltigkeit zu tun. In unseren Augen eröffnet der Erhalt dieser einzigartigen Anlage ganz neue Möglichkeiten und Chancen für den Kletter- und Bouldersport. Viele DAV-Mitglieder schätzen bis heute den Natursport und den Wert des Draußen-Seins.
Verstärkt wird diese Entwicklung durch die aktuelle Krise. Hallensportler und Kursleiter entdecken gerade das Klettern und Bouldern an der frischen Luft. Sie genießen seit letzten Sommer den großzügigen Außenbereich.
Eine so einzigartige Anlage abzureißen, wäre also extrem kurzsichtig und ein herber Verlust.
Noch dazu ist das ökologisch nicht vertretbar. Die DAV-Sektion Oberland möchte klimaneutral werden. Das lässt sich mit dem Abriss und Neubau einer Boulderhalle in Stahlbeton und der Versiegelung der dreifachen Fläche im Vergleich zu heute nicht vereinen. Auch ein Blick in die Klimafunktionskarte der LH München zeigt, dass dieser Bereich als Freifläche von bioklimatisch sehr hoher Bedeutung gekennzeichnet ist.
Der DAV sollte sich seiner Werte besinnen und diese Anlage erhalten.
Bouldern erlebt derzeit einen großen Boom und der Wunsch nach mehr Boulderfläche ist verständlich. Allerdings ist nicht nachvollziehbar, warum dieser attraktive Außenbereich, der mit dem Schrein einen beliebten Boulderbereich hat, dafür geopfert werden soll. In München und Umgebung schießen neue Boulderhallen wie Pilze aus dem Boden, während attraktive Boulder im Freien immer weiter verdrängt werden.
Außenanlage des DAV-Kletterzentrums München Süd - Fotos
Gefährdung
Der DAV Trägerverein, bestehend aus derzeit 22 DAV Sektionen, und die Beitreiberfirma orgasport GmbH planen seit längerem, die Freianlage abzureißen, um dort eine Boulderhalle zu errichten.
Das Vorhaben ist äußerst umstritten, weil viele Belange nicht beachtet werden.
Neben dem DAV-internen Widerstand der Nutzer der Freianlage hat der BA Sendling mit zahlreichen Argumenten (Außenbereich n. §35, Abs. 2 BauGB, Grünfläche/Sport lt. FNP, Versiegelung, Frischluftschneise, Klimaschutz und Bürgerwillen) mehrfach sein Veto eingelegt. Außerdem wehren sich die Nachbarvereine und Anwohner seit Jahren wegen unzureichendem Parkraum und zusätzlichem Verkehr.
Der DAV passte seine Pläne seit dem zurückgezogenen zweiten Bauantrag (02/2019) nur minimal an. Im Frühjahr 2020 signalisierte die LBK plötzlich Zustimmung, obwohl sie noch im Sommer 2019 eine Ablehnung des zweiten Antrags (02/2019) ankündigte. Auch der Stadtrat änderte seinen Standpunkt und unterstützt laut Koalitionsvertrag und Beschluss seines Bauausschusses nun das Vorhaben (gegen die Stimmen von Die Linke/Die Partei, ÖDP/FW, FDP/BP). Diese Kehrtwende scheint der DAV mit seiner Petition "Boulder statt Beton" an den OB Dieter Reiter vor der Kommunalwahl (03/2019) erreicht zu haben.
Der Antrag eines DAV-Mitgliedes, die Anlage als Kulturdenkmal unter Denkmalschutz zu stellen, wurde von der Unteren Denkmalschutzbehörde bereits ablehnend beantwortet.
Verlust
Zuletzt scheiterte im Herbst 2021 die Eintragung in die Denkmalliste. Die Prüfung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege ergab, dass die Anlage von 1989 nicht alt genug sei. Daraufhin wurde im Herbst 2021 die Baugenehmigung erteilt, die Anlage in drei Etappen abgerissen, seit Juni 2023 befindet sich die Boulderhalle im Bau, u.a. gefördert von der LH München mit knapp 3 Mio Euro.
Leider haben weder der Alpenverein noch entscheidende Politiker und Behörden die Bedeutung der Freikletteranlage trotz ihrer Einzigartigkeit erkannt.
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