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Ehemaliges Verstärkeramt in Kochel
Bahnhofstraße 34, 82431 Kochel

Eingestellt von: Elke Wendrich
Eingestellt am: 07.08.2018
Geändert am: 13.03.2021

Bayerische Denkmalliste: eingetragen
Denkmal-Typ: Einzeldenkmal

Ehemaliges Verstärkeramt in Kochel

Ehemaliges Verstärkeramt mit Wohnungen in Kochel soll für neue Wohnungen und einen Bauhof weichen

Das Verstärkeramt an der Bahnhofstraße in der Gemeinde Kochel von 1927 stellt ein hervorragendes und sehr gut erhaltenes Beispiel der bedeutenden Münchner Postbauschule von Robert Vorhölzer dar. Der ausführende Architekt Franz Holzhammer war Schüler von Theodor Fischer und Friedrich von Thiersch und wurde 1930 von Robert Vorhölzer zu seinem Nachfolger als Leiter des Baureferates der Oberpostdirektion München berufen. Wir können Franz Holzhammer neben seinem bekannten Lehrmeister Vorhölzer sicher als prägendste Figur der bedeutenden Münchner Postbauschule bezeichnen.

Bemerkenswert sind bei den schlicht gehaltenen Baukörpern insbesondere die kleinen ideenreichen Detailgestaltungen, das gut proportionierte Formenspiel bei Fenster- und Türausbildungen, Leibungstiefen, Gesimsen, Natursteinvorlagen, Fensterläden, Dachüberständen, bei Schmiede- und Spenglerarbeiten sowie die malerisch integrierten und komponierten Fresken und Reliefs auf den Fassaden von namhaften Kunstmalern bzw. Bildhauern der Münchner Schule. Der bis heute durchwegs sehr hohe Erhaltungszustand der bayerischen Postbauten zeugt von der extrem hohen handwerklichen Durchbildung und Qualität.

Hohe Bedeutung hatten die ersten deutschen Forschungen und Messungen zur Ionosphäre an der Funkstation am Herzogstand, die von Robert Vorhölzer errichtet wurde. Die Empfangsanlagen zu dieser Ionosphärenforschung waren im Dachstuhl des Verstärkeramtes in Kochel aufgestellt.

Im Nordflügel zur Straße hin bestehen zahlreiche großzügig geschnittene Wohnungen, die sich hervorragend mit geringem Aufwand sanieren und mit Bädern erweitern lassen.

Daher ist der Erhalt aus finanzieller, wirtschaftlicher, städtebaulicher und kunsthistorischer Sicht für die Gemeinde Kochel dringend angeraten. Die Kocheler Postbauten sind mit Herzogstand, Walchenseekraftwerk, dem bekannten Ferienheim von Emil Freymuth und dem beliebten Franz Marc Museum fundamentaler Bestandteil der Kocheler Kulturbauten und des „Blauen Landes“ und bilden ein wichtiges Zentrum der frühen Moderne in Bayern.

Deshalb muss das Verstärkeramt in Kochel als eines der schönsten Verstärkerämter der deutschen Postbaugeschichte und wichtiger Bestandteil der Münchner Postbauschule bewahrt bleiben!

Eine ausführliche Dokumentation des ehemaligen Verstärkeramtes als PDF zum Download

Gefährdung

2014 - 2017 kauft die Gemeinde Kochel das Gelände mit dem ehemaligen Verstärkeramt von der Telekom.

Im März 2018 gibt Bürgermeister Holz bekannt, dass die Gemeinde Kochel das ehemalige Verstärkeramt abbrechen will und Neubauten plant: Kochel bekommt demnach für den Grundstückskauf, den Abriss und die Wohnungsbaumaßnahmen 30 Prozent Förderung und 60 Prozent zinsverbilligtes Darlehen. Holz: „Insgesamt ein sehr attraktives Programm.“ Als ersten Schritt hat der Gemeinderat die Aufstellung des Bebauungsplans im beschleunigten Verfahren beschlossen.

https://www.merkur.de/lokales/bad-toelz/kochel-am-see-ort28931/kochler-verstaerkeramt-weicht-fuer-bauhof-und-16-wohnungen-9717860.html

Im Juli 2018 beschließt die Gemeinde Kochel, die Planungen zum Abriss des ehemaligen Verstärkeramtes fortzuführen, ungeachtet einer laufenden Petition an den Bayerischen Landtag.

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/wolfratshausen/neubau-vorgesehen-kochel-will-verstaerkeramt-abreissen-1.4070997

Bisher ist das Gebäude nicht in der Denkmalliste geführt.

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/wolfratshausen/gebaeudegeschichte-ein-klassiker-1.4042282?reduced=true

Seit September 2018 ist das Gebäude in der Denkmalliste geführt:

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/wolfratshausen/streit-um-nutzung-kochler-verstaerkeramt-ist-baudenkmal-1.4129340?reduced=true
https://www.merkur.de/lokales/bad-toelz/kochel-am-see-ort28931/solch-ein-tafelsilber-darf-man-nicht-verschenken-10257425.html
https://epaper.mrs-muenchen.de/webreader-v3/index.html#/698743/12

Die Gemeinde Kochel erwägt zu klagen. Laut Zeitungsartikeln wurde sie durch das beauftragte Architekturbüro auf die Postbauschule hingewiesen. Warum sie ins beschleunigte Verfahren ging, bei dem die Träger öffentlicher Belange nicht gehört werden, wird sie dann hoffentlich erklären müssen.

"Kochel bleibt bei Abriss-Plänen. Gemeinde will ehemaliges Verstärkeramt trotz Denkmalschtuz nicht erhalten" - so die Süddeutsche Zeitung vom 3.2.2019
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/wolfratshausen/kochel-am-see-verstaerkeramt-abriss-1.4315157

Seit 01.10.19 liegt eine Abrisserlaubnis der unteren Denkmalschutzbehörde vor. Der Beginn der Maßnahmen ist dem Landratsamt lediglich eine Woche vorher anzuzeigen.

Am 09.03.20 wurde eine zweite Petition beim bayerischen Landtag eingereicht.

https://www.dasgelbeblatt.de/lokales/penzberg/ehemaliges-verstaerkeramt-kochel-architekt-folkerts-kaempft-zweiter-petition-erhalt-gebaeudes-13595336.html

Verlust

Im November 2020 begann der Abriss des ehemaligen Verstärkeramtes in Kochel. Weder Argumente aus der Fachwelt noch eine Popularklage konnten die Gemeinde Kochel aufhalten. Der Verband Deutscher Kunsthistoriker hat diesem Fall deshalb im Dezember 2020 die Goldene Abrissbirne zuerkannt.

https://kunstgeschichte.org/verband/rote-liste/ehemaliges-verstaerkeramt-in-kochel-am-see/

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Elke Wendrich

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