Verloren: Wagenknechthaus in Donauwörth
Zeugnis reichstädtischer Baukultur von 1317 abgerissen
Bei dem in die Bayerische Denkmalliste eingetragenen Wohnhaus handelt es sich um einen dreigeschossigen, zur Straße giebelständigen Satteldachbau. Das oberste Geschoss kragt vor (Listeneintrag D-7-79-131-130). Ende 2015 wurde die vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) geforderte dendrochronologische Untersuchung zur Altersbestimmung durchgeführt – mit sensationellem Ergebnis. Demnach wurde das Gebäude Reichsstraße 12/12a im Jahr 1317 erbaut und wäre damit, nach Angaben des BLfD nach heutigem Kenntnisstand das älteste noch erhaltene Bürgerhaus in Bayern.
Für die Untersuchung wurden an 3 Stellen im Dachstuhl Holzproben genommen, deren Ergebnis zu dieser Datierung führte. Wie bekannt wurde, ergab die Untersuchung, dass das datierte Holz im Winter 1316/17 geschlagen wurde und aus einer Höhe von 800 bis 1200 m üNN stammt. Demnach handelt es sich wahrscheinlich um sogenanntes Flößerholz, das im Alpenraum geschlagen wurde und wohl über Iller (oder Lech) und Donau nach Donauwörth kam.
Über die Geschichte des Wagenknechthauses ist derzeit nur wenig bekannt. Erst im November 2013 erfolgte für das sog. Wagenknechthaus der Nachtrag in die Denkmalliste. Die Begründung lautete zu diesem Zeitpunkt, dass das Gebäude zu den wenigen Bürgerhäusern in der Reichsstraße gehöre, die von den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs verschont geblieben sind. Die Stadt Donauwörth hatte den Eintrag befürwortend zur Kenntnis genommen.
Zumindest der östliche Teil des zweigeteilten Gebäudes ist stark sanierungsbedürftig.
Gefährdung
Stand: 2016
Das auf 1317 datierte und damit älteste, derzeit bekannte Bürgerhaus Bayerns soll demnächst zusammen mit dem Café Engel (ebenfallls Baudenkmal) abgerissen werden. Ihren Platz soll ein modernes Wohn- und Geschäftshaus mit historisierter Fassade einnehmen (siehe auch Beitrag „Der Abriss droht …“).
Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege spricht sich für einen Erhalt des Gebäudes aus und weist auf dessen Bedeutung aus denkmalpflegerischer Sicht nachdrücklich hin. Eine entsprechend auf Bedeutung und Zustand des Gebäudes bezogene Förderung für den Erhalt des auch baugeschichtlich bedeutenden Gebäudes wurde in Aussicht gestellt.
Verlust
Von Anfang Mai bis August 2017 wurden die Baudenkmäler Reichsstraße 12/12a (Wagenknechthaus; Dendro. 1317) und Reichsstraße 10 (Café Engel; Dendro. 1638/42) gegen den Widerstand von u.a. des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege und des Bayerischen Landesdenkmalrates abgebrochen.
Die vom Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst (StMWFK) verbindlich vorgegebenen Prüfungsbedingungen für eine Abbrucherlaubnis für Baudenkmäler wurden dabei zumindest im Fall „Wagenknechthaus“ nachweislich vorsätzlich seitens der Stadt Donauwörth nicht eingehalten.
Chronik des "denkmalschutzrechtlichen Verfahrens":
http://www.gustav-dinger.de/chronik-zum-abbruch-der-baudenkmaeler-cafe-engel-und-wagenknechthaus/
Weitere Informationen und Hintergründe unter:
- Der Abriss droht für Café Engel und Wagenknechthaus vom 22.12.2015
Abrissgenehmigung und Denkmalrechtliches im Fall Café Engel vom 26.02.2016 - Das Wagenknechthaus – ein Zeitzeugnis von 1317 vom 16.03.2016
- Antrag „Anhörung“ BLfD zu Baudenkmal Reichstraße 12/12a vom 02.06.2016
- Der Bayerische Landesdenkmalrat zum „Vorgang Wagenknechthaus“ vom 21.11.2016
- Wagenknechthaus: Die laut RvS bestandskräftige Abbruchgenehmigung vom 31.12.2016
Generalkonservator Mathias Pfeil (2017): Verlorene Vergangenheit vom 23.05.2017;
Originalveröffentlichung: PFEIL, MATHIAS (2017): Verlorene Vergangenheit. Rettungsversuche für ein 700-jähriges Baudenkmal in der Stadt Donauwörth. In: Denkmalpflege Informationen, Nr. 165, S. 6-9.
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Gustav Dinger
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