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Mietshaus in Schwabing
Hohenzollernstraße 54
80801 München

Eingestellt von: Hildegard Lingmann
Eingestellt am: 12.09.2022
Geändert am: 16.05.2023

Bayerische Denkmalliste: eingetragen
Denkmalatlas / Aktennummer: D-1-62-000-2772
Denkmal-Typ: Einzeldenkmal

Mietshaus in Schwabing

Drohende Verschandelung der denkmalgeschützten Fassade eines Innenhofs

Das Schwabinger Mietshaus Hohenzollernstraße 54 (D-1-62-000-2772) wird in der Liste des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege so beschrieben: „Mietshaus, fünfgeschossiger Satteldachbau in Jugendstilformen mit Doppelerkerfassade, mit Seiten- und Rückflügel, viergeschossig, von Eugen Dreisch, 1911“.

Der Architekt Eugen Dreisch erwarb damals den Grund in der Hohenzollernstraße, plante und baute das große Mietshaus und lebte selbst dort bis zu seinem Lebensende Anfang der 1950er Jahre.

Die Straßenfassade ist ohne viele Ornamente und Schnörkel angelegt, die Fassade des Innenhofs wirkt durch die Anordnung von Loggien und originalen Sprossenfenstern in unterschiedlicher Höhe und Breite, in ihren Proportionen und Abständen gegeneinander versetzt und fein aufeinander abgestimmt – dies zusammen mit Erkern und Vorsprüngen gibt der Fassade Struktur und Harmonie.

Im Zweiten Weltkrieg wurden das Dachgeschoss sowie das dritte und vierte OG beschädigt. Eugen Dreisch selbst plante die Wiederherstellung des Dachgeschosses.

Bekannt wurde Eugen Dreisch durch sein Wirken für gemeinnützige Wohnbaugesellschaften bei der Konstruktion und Leitung großer Wohnanlagen und Siedlungsbauten zur Behebung der damaligen Wohnungsnot (D-1-62-000-7197 nördlich des Prinzregentenplatzes; E-1-62-000-38 Ensemble Wohnsiedlung Neuharlaching).

Demgegenüber wirkt die Hohenzollernstraße 54, sein selbstgebautes und selbst bewohntes Haus, mit der überschaubaren Größe und der bis ins Detail ausgestalteten Innenhoffassade eher 'freundlich-heimelig'.

Mietshaus in Schwabing - Fotos

Gefährdung

Im Mai 2022 wurde das Anwesen vom Immobilieninvestor Baycon erworben. Seither stehen Aussagen im Raum, wonach Außenaufzüge im Innenhof, Balkone und Dachgeschossausbau geplant sind.

Mit dem Anbau von Balkonen sowie Außenaufzügen entlang der Treppenaufgänge würde die gut gesetzte Struktur der denkmalgeschützten Fassade zerstört werden, ebenso wie die der historischen Treppenhäuser samt Originalsprossenfenstern.

Aktuelle Entwicklung

Seit dem 20.9.2022 liegt der Bauantrag des Investors vor: 2 Außenaufzüge und 10 Balkone sind geplant, sowie Dachausbau im Vorder-  und Hintergebäude.

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Der Aufzug des Vordergebäudes kann weder im Treppenhaus, weil kein Treppenauge vorhanden, noch direkt an den Treppenhauseingang angeschlossen werden. Ein Aufzugsturm befände sich lt. Planung zwischen den Loggien und den links daneben liegenden Fenstern; zwei Stege zum Treppenhaus würden jeweils in Höhe des Oberlichts an den Loggien vorbeiführen. Die historischen denkmalgeschützten Fenster bei den Treppenpodesten zwischen zweitem und dritten sowie zwischen vierten und fünften Stockwerk müssten durch Zugangstüren ersetzt werden.

Die Proportionen dieser Aufzugkonstruktion samt Gängen und Gittern sind technisch bedingt, entstanden durch die Differenz in der Höhe von Geschoss und Zwischengeschoss, und passen nicht zu den Proportionen der Fassade von Eugen Dreisch. Diese durchdacht konstruierte Fassade mit ihren auf einander abgestimmten Fenstern, Loggien, den Fenstern des Treppenhauses wird durch die Aufzugkonstruktion verdeckt und nahezu unkenntlich gemacht. Bei einem Gebäude, das weder innen noch von seinen äußeren Proportionen her für einen Aufzug geschaffen und geeignet ist, muss für den Plan des Bauherrn, einen Außenaufzug anbringen zu lassen, der Denkmalcharakter des Gebäudes zwangsläufig ignoriert werden.

Durch den Aufzug neben der Loggia (Mindesttiefe ca. 1m) und durch die Gänge mit Gittern wären Licht- und Sonneneinfall für alle Wohnungen mit Loggien deutlich vermindert. Hinzu kommt, dass die Wohnungen mit Loggien in mehrfacher Hinsicht – u.a. Sicherheit, Schutz der Privatsphäre, Ausblick – stark beeinträchtigt wären.

Daher ist zu befürchten, dass dieses Gebäude künftig eher als Exempel einer Bausünde betrachtet werden müsste.

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Im kleinen Lichthof (ca. 8m² Fläche) ist ein freistehender, tief verankerter Aufzug geplant, von dem aus ebenfalls zwei Stege zu den historischen Flurfenstern des Treppenhauses führen sollen, die durch Türen ersetzt werden müssten. Direkt unter dem Fenster des 1. Zwischengeschosses verlaufen Treppenstufen. Wenn der Steg dorthin führen soll, ist fraglich, ob nicht aus Gründen der Sicherheit die bestens erhaltene historische Treppe umgemodelt werden muss.

Ob dort ein Aufzug überhaupt nötig ist, ist fraglich (§ 37 Abs. 4 BayBauO).

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Im Innenhof soll jede Obergeschoss-Wohnung des Seiten- und Rückgebäudes einen Balkon erhalten, zusätzlich zu den bestehenden auskragenden Balkonen im vorderen Seitengebäude. Die Umwandlung der ursprünglichen Stehbalkone in auskragende Balkone im vorderen Teil des Seitengebäudes war vergleichsweise behutsam: im Gegensatz zu den jetzt geplanten Anbauten wurde die gesamte ausgewogene Struktur der Fassade berücksichtigt.

Jetzt sollen am Seiten- und Hintergebäude mehrere größere Balkone übereinander angebracht werden. Damit wäre zum einen die Schönheit der Seitenfassade zerstört: das Spiel mit dem Wechsel in der Höhe der Fenster im vorderen und hinteren Teil des Seitengebäudes wäre schlichtweg nicht mehr zu entdecken; der Erker – gedacht als strukturgebende Vertikale in einem relativ langgezogenen Seitenflügel – verlöre diese Funktion, denn die vorstehenden Balkone würden zum Blickfang statt der Fassade. Das gleiche gilt für die Balkone im Hintergebäude.

Ein Argument, hinter das der Denkmalschutz zurücktreten müsste, lässt sich nicht finden: Für diese Balkone an den nach Osten ausgerichteten Wohnungen würde sich durch vorgesetzte Balkone in den darüber liegenden Wohnungen der Lichteinfall sogar merklich verschlechtern.

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Fazit

Was die Denkmalwürdigkeit und den Charme dieses Innenhofs ausmacht – die gut gesetzte Innenhoffassade des Vordergebäudes: konterkariert und verhunzt; die zusammengehörigen Fassaden von Seiten- und Rückgebäude, die ein harmonisches Bild ergeben: grob gestört.

Der Bezirksausschuss Schwabing-West hat sich in der Stellungnahme vom 23.11.2022 dafür ausgesprochen, die Notwendigkeit der Außenaufzüge sowie der Balkone durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege prüfen zu lassen.
Gemäß § 37 Abs. 4 BayBauO sind Aufzüge in denkmalgeschützten Gebäuden von mehr als 13 m Höhe nicht zwingend vorgeschrieben.

Derzeit, Stand März 2023, wird die Statik des Dachgeschosses im Hintergebäude geprüft.

Man darf gespannt sein, ob sich die Untere Denkmalschutzbehörde und das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege gegen die Überformung dieses aus der Bauzeit anschaulich erhaltenen wertvollen Baudenkmals einsetzen - dafür sind die Entscheidungen bezüglich Außenlifts und Balkonen gravierend.

Seit einem Jahr bemühen wir uns um den Erhalt dieses geschützten Denkmals - mit den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen: umfangreiches Fotomaterial, Erläuterungen zur Architektur, Links ...

Unter „hohenzollernstrasse54.de“ ist beispielsweise zu besichtigen, wie, wenn diese Planung durchgeführt wird, durch ein Doppelparksystem von beeindruckenden Ausmaßen (siehe Marienhof) - geeignet “für den öffentlichen und halböffentlichen Raum mit begrenzt verfügbaren Flächen wie Bahnhöfe und Fahrradparkhäuser“ (!) - der Blick auf diese schöne Fassade in Zukunft verstellt wird.

Zur Aktualisierung der Ereignisse siehe die Webseiten unter "Weitere Details".

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Dr. Hildegard Lingmann

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