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Schwankharthof (ehemals Mesnergütl) in Emmering, Landkreis Fürstenfeldbruck
Amperstraße 3
82275 Emmering

Eingestellt von: Johannes Haslauer
Eingestellt am: 05.06.2012
Geändert am: 29.09.2017

Schwankharthof (ehemals Mesnergütl) in Emmering, Landkreis Fürstenfeldbruck

Zeugnis der Emmeringer Dorfgeschichte zerstört – ein Haus von Mesnern, Lehrern und Krämern

Seit mehr als 150 Jahren stand das Mesner-Anwesen stolz in der Mitte von Emmering im Landkreis Fürstenfeldbruck. 2012 wurde es abgebrochen – um einer gesichtslosen Wohnbebauung Platz zu machen.

In dem Mitterstallhaus in der Nähe von Kirche und Schulhaus steckte mehr als das typische Bauernhaus aus dem 19. Jahrhundert im Land an der Amper. An der Giebelseite schob sich ein Anbau mit flachem Dach hervor. Knapp vor der Wende zum 20. Jahrhundert, im Jahr 1899, ließ die Hausbesitzerin Maria Schwankhart den ebenerdigen Vorbau als Kolonialwarenladen errichten. Er war steingewordenes Zeugnis einer der ersten Globalisierungswellen, die das damalige Bauernland westlich von München erfassten.

Baugeschichte mit Rätseln

Wann das Haus überhaupt errichtet wurde, blieb bis zuletzt ein Geheimnis. Bereits im 18. Jahrhundert lässt sich das Anwesen greifen, damals als Besitz der örtlichen Pfarrkirchenstiftung, die es an Bauern zur Bewirtschaftung verlieh. 1811 wurde das Anwesen für die staatliche Brandversicherung als „halbgemauertes Wohnhaus, Stallung u. Stadel“ beschrieben. Gut möglich, dass es sich um einen Vorgängerbau handelte, der bis zuletzt im Haus steckte.

Aus den historischen Bauunterlagen geht hervor, dass der Besitzer Quirin Fischer 1855 umbaute, erweiterte oder vollständig neu baute. Der zugehörige Bauplan ist allerdings nicht überliefert. Möglicherweise erklärt sich die – für Zeit und Baustil eigentlich untypisch unsymmetrische - Fensterverteilung an der Giebelseite dadurch, dass Fischer das alte Haus erweiterte. Das jedenfalls war durchaus üblich. Vielleicht würden bauhistorische Untersuchungen Aufschluss geben.

Alle späteren Bauanträge und Baumaßnahmen sind anhand von Plänen im Staatsarchiv München dokumentiert. Der erste dieser Baupläne stammt von 1859 – und zeigt den Baukörper bereits so, wie er heute vor uns steht: als regionaltypisches Mitterstallhaus mit Wohnteil, Stallung, Tenne und Viertel. Der Eingang liegt an der Traufseite, gen Süden. Gezeichnet hatte den Plan der Architekt Gottlieb Sappl aus dem nahen Markt Bruck (heute Fürstenfeldbruck) - einer der gefragten Landbaumeister in der Gegend.

Bauernhof, Schule und Kolonialwarenladen - eine belebte Nutzungsgeschichte

Ab 1768 lässt sich Mathias Hirner auf dem Anwesen nachweisen. Er diente im Ort als Mesner und Lehrer. Der Unterricht fand in seinem Haus statt – das möglicherweise im Kern im Bau erhalten war. Seine Tätigkeiten vererbten sich auf seinen Sohn Franz Xaver. Überliefert ist, dass der Unterricht in der Wohnstube gehalten wurde. Während Franz Xaver Hirners Schuldienst begannen die Überlegungen zum Bau eines eigenen Schulhauses im Dorf, die 1833 in die Tat umgesetzt wurden. Die Emmeringer Dorfschule und das Mesner-Anwesen gingen fortan getrennte Wege.

Etwa um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Haus zum Sitz einer Krämerei, die die Dorfbewohner mit den Dingen des täglichen Bedarfs versorgte. Um 1880 erwarb die Familie Schwankhart das Anwesen. Maria Schwankhart eröffnete den Kolonialwarenladen, für den sie das Haus um den auffälligen Vorbau erweitern ließ. Bereits 1910 verlegte Maria Schwankhart den Laden in das dafür neu erbaute Geschäftshaus an der Brucker Straße (Haus-Nr. 1). Wahrscheinlich verschwand nun die Eingangsfront, wie sie der Bauplan von 1899 noch zeigt. Aus dem Ladenanbau wurden Wohnräume – geschmückt mit den typischen Sprossenfenstern, Fensterläden und einer einfachen, aber wirkungsvollen Putzverzierung.

Verlorene Erinnerung

Das Haus war eines von drei Bauernhäusern im Ort, die aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert weitgehend unverändert erhalten geblieben sind. Es erinnerte an die Zeit, als geschulte Baumeister dem Land ein charakteristisches Gesicht gaben. Als die Zweckmäßigkeit eines Hauses und der Anspruch auf eine ansprechende äußere Gestalt untrennbar miteinander verbunden waren.

Verlust

Weil schon seit längerem der Bauunterhalt vernachlässigt worden war, geriet das Haus in einen immer schlechteren Zustand. Doch es hätte wieder zu einem Schmuckstück werden können. Zu einem liebenswerten und wertgeschätzten Erinnerungsort für die Zukunft.

Die Eigentümer allerdings boten das Grundstück auf dem Immobilienmarkt an. Zweimal berichtete die Süddeutsche Zeitung über die geschichtliche Bedeutung des Hauses. Obwohl das Landesamt für Denkmalpflege darauf aufmerksam gemacht worden war, trug es das Haus nicht in die Denkmalliste ein. Auch die Gemeinde Emmering unternahm keine Anstrengungen, zum Erhalt dieses Zeugnis der eigenen Ortsgeschichte beizutragen. 2012 wurde das Haus abgerissen.

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