gefährdet

Tierklinik München Königinstraße
Königinstr. 10
80539 München

Eingestellt von: Denkmalnetz Bayern
Eingestellt am: 20.09.2017
Geändert am: 28.07.2023

Bayerische Denkmalliste: nicht eingetragen
Denkmal-Typ: nicht eingetragen

Tierklinik München Königinstraße

Trauerspiel um die Münchner Tierklinik - neue Hoffnung: Gericht stoppt im Juli 2023 Abriss

Geschichte und Baulichkeiten der Tierklinik

Geschichte

2014 feierte die Tierärztliche Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München, welche im Jahr 1790 als „Königliche Thier-Arzney-Schule“ gegründet wurde, ihre 100-jährige Zugehörigkeit zur LMU.

Mit Dekret verfügte der Kurfürst von Pfalz-Bayern, Karl-Theodor, am 10. März 1790 die Gründung einer "förmlichen Thier-Arzney-Schule (Ecole vétérinaire)" am Rand des heutigen Englischen Gartens. Als Heimstätte erhielt die Schule die sogenannte "Jesuiterwasch" in der damals noch selbständigen Gemeinde Schwabing zugewiesen. Das Gelände hatte früher den Jesuiten, später dem Malteserorden gehört. Es ist bis heute das Stammgelände der Tierärztlichen Fakultät geblieben. Die alten Ökonomiegebäude mussten den Bedürfnissen der Schule angepasst werden. Als einziger Neubau ist das heute unter Denkmalschutz stehende Eingangstor zu erwähnen. Unter Maximilian I. Joseph erfolgte mit dem "Organischen Edikt" vom 1. Februar 1810 eine gründliche Neuorganisation der Schule, die nun zur Central-Veterinär-Schule für das ganze Königreich erhoben wurde. Anlässlich der 100-Jahrfeier am 28.7.1890 wurde die Königliche Central-Thierarzneischule zur Königlichen Tierärztlichen Hochschule. Während des Zweiten Weltkrieges blieb die Fakultät geschlossen. In den letzten Kriegsjahren wurden die Gebäude der Fakultät durch Bomben stark beschädigt. Bis 1965 erfolgte der Wiederaufbau der Gebäude der Institute und Kliniken. Das traditionelle Gelände am Englischen Garten hatte sich seit Jahrzehnten als zu klein erwiesen. Deshalb hatte man schon vor dem ersten und zweiten Weltkrieg geplant, die Fakultät an die nördliche Peripherie der Stadt zu verlegen, was aber beide Male durch den Kriegsausbruch vereitelt wurde. Nach dem zweiten Weltkrieg gelang es, das Stammgelände auf das Terrain der ehemaligen Hofbaumschule, das im Norden an die Tierärztliche Fakultät grenzte, auszudehnen. Dort wurde im Laufe der fünfziger Jahre der Gebäudetrakt der Kliniken errichtet, in dem auch das pharmakologische Institut untergebracht ist. Am Südende des Klinikkomplexes wurde 1956/7 die Fakultätsbibliothek angebaut.

Die Fakultät gliedert sich heute zur Erfüllung ihrer Aufgaben in Lehre, Dienstleistung und Forschung auf dem Gebiet der Tiermedizin neben dem Dekanat als Führungseinrichtung in zwei übergeordnete strukturelle Einheiten: ein auf Grundlagendisziplinen ausgerichtetes sog. „Veterinärwissenschaftliches Department“ sowie ein klinisch ausgerichtetes „Zentrum für Klinische Tiermedizin“. Sie verteilt sich räumlich über zwei Standorte, den Hauptstandort an der Königinstrasse am Englischen Garten sowie den Campus Oberschleißheim. Die Fakultät umfasst insgesamt 23 Lehrstühle bzw. Einrichtungen.


Zahlreiche Fotos des Bestandes und des Innern bei den Altstadtfreunden München unter


Denkmalliste

Von dem Gesamtbestand der Tierklink hat das Landesamt für Denkmalpflege bis 20.9.2017 allein eingetragen das Portal der tierärztlichen Fakultät unter Veterinärstraße 13. Unmittelbar angrenzend der Englische Garten.

Das Portal ist unter der Nr: D-1-62-000-7204 mit folgendem Text in der Denkmalliste eingetragen:

Portal des veterinärmedizinischen Instituts, Portal der tierärztlichen Fakultät, freistehendes, dreiteiliges, klassizistisches Tor mit Dreiecksgiebel und Reliefemblem, von Franz Thurn, 1790, vielleicht nach Entwurf von Friedrich Ludwig von Sckell

Die Tierklinik grenzt an den als Baudenkmal (Einzeldenkmal) unter Nr. D-1-62-000-1545 eingetragenen Englischen Garten.

Textauszug: Englischer Garten, ab 1789 in den Isarauen durch Benjamin Thompson Graf von Rumford und Friedrich Ludwig von Sckell angelegter Volksgarten (bis 1799 mit Militärgärten verbunden), 1792 eröffnet, ab 1799 von Reinhard Freiherr von Werneck weiterentwickelt (Anlage des Sees), 1799 um die Hirschau nach Norden erweitert, ab 1804 von Friedrich Ludwig von Sckell gartenkünstlerisch umgestaltet. Klassischer Landschaftsgarten, sich über fünf Kilometer in den Isarauen erstreckend, mit geschwungenen Wasserläufen und Wegen sowie weiten Sichtflächen zwischen dem Baumbestand; Nordteil (Hirschau) rein landschaftlich, Südteil (zwischen Prinzregentenstraße und Isarring) mit Parkbauten und Denkmälern; … . Denkmäler: …

Die Haltung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege

Die Haltung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege zum mehrfach angeregten Nachtrag der Tierklinik oder weiterer Teile der Anlage in die Denkmalliste ergibt sich aus den nachfolgenden Auszügen aus der Süddeutschen Zeitung und von der Website der Altstadtfreunde:

Aus der SZ vom 16. 5. 2016

Der Generalkonservator des Landesamtes für Denkmalpflege, Mathias Pfeil, räumte bei der Besichtigung ein, dass die Trakte "einen gewissen Charme" hätten, aber nach objektiven Kriterien keine Denkmaleigenschaft vorliegt. Nach den schweren Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg seien die Häuser "pragmatisch wieder instandgesetzt" worden; man könne nicht "inflationär alles auf die Denkmalliste setzen", was nach dem Krieg wieder aufgebaut worden sei. Auch Burkhard Körner, der im Landesamt unter anderem für München zuständig ist, erkennt keine herausragenden Qualitäten: "Ein schönes Treppenhaus ist zu wenig, um gleich das ganze Gebäude als Denkmal auszuweisen."

Altstadtfreunde München am 13. 10. 2016

Ebenso wirft die Rolle des Landesamts für Denkmalpflege Fragen auf. Es steht mit seiner Ablehnung eines Schutzes der Gebäude zunehmend isoliert gegen die einhellige Auffassung der Fachwelt. Unter den Experten, die die Petition der Altstadtfreunde zu Schutz und Erhalt der Gebäude unterstützen, finden sich Prof. Dr. Adrian von Butlar, Prof. Victor López Cotelo, Prof. Dr. Klaus Jan Philipp, Prof. Dr. Andreas Prater, Dr. Wolfgang Till, Dr. Richard Bauer, Alexander Fthenakis, Franz Graf von Stillfried, Dr. Dieter Martin und Dr. Alexander Rauch.

Aus der SZ vom 26. 10. 2016 (www.sueddeutsche.de vom 26. Oktober 2016)

Generalkonservator Mathias Pfeil sieht nämlich keine Denkmalwürdigkeit bei den Altbauten. Diese seien nach dem Krieg "pragmatisch wieder instand gesetzt worden". Man könne jedoch nicht "inflationär alles auf die Denkmalschutz-Liste setzen", was aus dieser Zeit stamme.

Anmerkung zur Verweigerung des Denkmalstatus

Diese Haltung des Landesamtes für Denkmalpflege begegnet man immer wieder und in ganz Bayern. Nicht alle Bauwerke mit Denkmalqualitäten werden in die Denkmalliste eingetragen. Zu verweisen ist z:B. auch auf den Münchner Hauptbahnhof und das ihn umgebende Ensemble. Befürchtete administrative Schwierigkeiten beim weiteren Umgang mit Bauten und politische Präferenzen dürfen auf keinen Fall verhindern, dass diese Objekte in die Denkmalliste nachgetragen werden. Allein entscheidend bleiben die Definitionen des Denkmalschutzgesetzes, dem Landesamt kommt keinerlei Ermessen zu.


Der Fortgang des Dramas

Die Süddeutsche Zeitung berichtet mehrfach über die Gefährdung und den bevorstehenden Verlust großer Teile des Bestandes; siehe die untenstehenden Links.

Auszüge aus der Süddeutschen Zeitung und der Website der Altstadtfreunde München:

"Ein Funke Hoffnung": www.sueddeutsche.de vom 10. Mai 2016

Nach einem Besuch des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst des Bayerischen Landtages in der Tierklinik an der Königinstraße setzen die Altstadtfreunde darauf, die Abrisspläne zumindest teilweise verhindern zu können

Der Generalkonservator des Landesamtes für Denkmalpflege, Mathias Pfeil, räumte bei der Besichtigung ein, dass die Trakte "einen gewissen Charme" hätten, aber nach objektiven Kriterien keine Denkmaleigenschaft vorliegt. Nach den schweren Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg seien die Häuser "pragmatisch wieder instandgesetzt" worden; man könne nicht "inflationär alles auf die Denkmalliste setzen", was nach dem Krieg wieder aufgebaut worden sei. Auch Burkhard Körner, der im Landesamt unter anderem für München zuständig ist, erkennt keine herausragenden Qualitäten: "Ein schönes Treppenhaus ist zu wenig, um gleich das ganze Gebäude als Denkmal auszuweisen."

Als Grundeigentümer müsse der Freistaat nun eine Kompromisslösung vorlegen, fordert Michael Piazolo. Zumindest Teile der Bauten sollten also erhalten bleiben. Auch Isabell Zacharias ist der Ansicht, dass genau untersucht werden müsse, was stehen bleiben kann. Robert Brannekämper warnt davor, den Flair des Ortes aufs Spiel zu setzen: "Da muss es Zwischenlösungen geben." Nun werde man ausloten, was an den Plänen für den Physik-Campus noch geändert werden könne, sagte Piazolo am Ende des Rundgangs.


"Experten-Petition gegen den Abriss": www.sueddeutsche.de vom 13. Oktober 2016

Auf dem Areal der Tiermedizin, die nach Oberschleißheim zieht, soll ein Physikcampus der Ludwig-Maximilians-Universität entstehen. Dafür müssen die Nachkriegsbauten der Tiermedizin weichen. Das Landesamt für Denkmalpflege hält sie auch nicht für schützenswert. Erhalten bliebe nur der Brunnen an der Königinstraße und das historische Portal am Eingang zum Englischen Garten.


Altstadtfreunde München 13. Oktober 2016:

Druck auf Spaenle wächst: Experten für Erhalt der Tierklinik

Mehrere hochrangige Experten haben sich hinter die Forderung der Altstadtfreunde gestellt, einen Großteil der abrissgefährdeten Bauten der Tierklinik am Englischen Garten zu erhalten. Die Fachleute teilen die Einschätzung, dass es sich bei nahezu allen bestehenden Gebäuden um Denkmäler handelt. Damit gerät auch der örtliche Landtagsabgeordnete und Bayerische Kultusminister Dr. Ludwig Spaenle (CSU) zunehmend unter Druck, der den Schutz der Gebäude bislang ablehnt und einen Totalabriss anstrebt. Ebenso wirft die Rolle des ihm unterstellten Landesamts für Denkmalpflege Fragen auf. Es steht mit seiner Ablehnung eines Schutzes der Gebäude zunehmend isoliert gegen die einhellige Auffassung der Fachwelt. Unter den Experten, die die Petition der Altstadtfreunde zu Schutz und Erhalt der Gebäude unterstützen, finden sich Prof. Dr. Adrian von Butlar, Prof. Victor López Cotelo, Prof. Dr. Klaus Jan Philipp, Prof. Dr. Andreas Prater, Dr. Wolfgang Till, Dr. Richard Bauer, Alexander Fthenakis, Franz Graf von Stillfried, Dr. Dieter Martin und Dr. Alexander Rauch. Die Altstadtfreunde haben gemeinsam mit dem Münchner Rechtsanwalt Benno Ziegler die gesammelten Expertenstellungnahmen am Donnerstag, 13.10.2016 offiziell an den Ausschuss für Wissenschaft und Kunst übergeben. Der Vorsitzende des Ausschusses,Prof. Dr. Michael Piazolo: „Bei einer Ortsbegehung konnte ich mich davon überzeugen, dass viele Gebäude sehr erhaltenswert sind. Ich fordere Kunstminister Spaenle dringend auf, einer Kompromisslösung zuzustimmen.“


Englischer Garten Erhalt des Tiermedizin-Instituts: "Spaenle gibt ein bisschen nach" www.sueddeutsche.de vom 26. Oktober 2016

Geht am Englischen Garten ein wichtiges Stück Münchner Bautradition verloren, oder ergeben sich durch einen modernen Uni-Campus an dieser Stelle enorme Chancen für die Wissenschaft? Im Streit um den geplanten Abriss der Tierklinik-Komplexe an der Königinstraße bezieht Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle eine klare Position. Dieses große Entwicklungsprojekt werde die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), speziell die Physik-Fakultät, eindeutig stärken. Er halte auf jeden Fall an der Absicht fest, die alten Komplexe zu beseitigen und Zug um Zug durch neue Gebäude zu ersetzen. Aber er geht jetzt auch einen Schritt auf die Gegner dieses Plans zu. Der sogenannte Bibliothekstrakt mit der typischen Glaslaterne auf dem Dach soll erhalten bleiben und möglicherweise als Café genutzt werden.

… An die Tradition des Areals sollte nur noch das denkmalgeschützte Portal am Eingang des Englischen Gartens beim Milchhäusl und der Vorplatz mit dem Schlangenbrunnen an der Königinstraße erinnern. … Auch Abgeordnete wie Robert Brannekämper (CSU), Isabell Zacharias (SPD) oder der Ausschussvorsitzende Michael Piazolo (Freie Wähler) hatten darauf gedrungen, wenigsten Teile der alten Substanz zu erhalten.

Spaenle stellte im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung die Vorteile der Neubau-Pläne heraus: "Ich stehe nachhaltig dahinter." Es gehe nicht nur um die Weiterentwicklung der LMU. Der Campus werde so geplant, dass ein bislang geschlossenes Areal geöffnet und ein Stück Englischer Garten der Öffentlichkeit zurückgegeben werde. Für LMU-Präsident Bernd Huber steht es außer Zweifel, dass High-Tech-Forschung in den alten Gebäuden nicht möglich ist. …. Neben dem historischen Torbogen und dem Platz mit dem Schlangenbrunnen soll nun also auch das Bibliotheksgebäude erhalten bleiben. Damit kommt Spaenle den Gegnern eines Totalabrisses ein Stück entgegen. Der Minister übt aber auch Kritik an den Argumenten der Altstadtfreunde. Hier geht es vor allem um deren Attacken auf das Landesamt für Denkmalpflege.

Generalkonservator Mathias Pfeil sieht nämlich keine Denkmalwürdigkeit bei den Altbauten. Diese seien nach dem Krieg "pragmatisch wieder instand gesetzt worden". Man könne jedoch nicht "inflationär alles auf die Denkmalschutz-Liste setzen", was aus dieser Zeit stamme. "Ich unterstütze voll und ganz die Behörde", sagt Spaenle. Er stehe gewiss nicht in Verdacht "alles Alte platt zu machen". Aber hier sei er für den neuen Campus. "Dafür habe ich sogar meine Lieblingsidee fallen gelassen, an diesem Ort den Konzertsaal zu bauen", betont der Minister.


Altstadtfreunde München 31.10.2016:

Kultusminister will Bibliothek der Tierklinik erhalten. Reicht das?

Der Bibliotheksbau der Tierklinik am Englischen Garten ist gerettet. Das Gebäude aus den 1950er Jahren mit seiner charakteristischen Laterne soll nicht der Abrissbirne zum Opfer fallen. Das hat Kultusminister Dr. Ludwig Spaenle nach anhaltenden Protesten gegen den geplanten Abbruch jetzt bekanntgegeben. Mittlerweile bescheinigt auch er dem Gebäude „architektonische Qualitäten“. Allerdings hält er nach wie vor an seinen Plänen fest, alle übrigen Bauten der Tierklinik – darunter den Mittelbau mit seinem repräsentativen Jugendstiltreppenhaus – abräumen zu lassen.

Dabei hatten zuletzt namhafte Denkmal-Experten die Forderung der Altstadtfreunde unterstützt, einen Großteil der Bauten der Tierklinik am Englischen Garten zu erhalten und in die Planungen des „Campus Königinstraße“ einzubeziehen. Der jetzt angekündigte Erhalt des Bibliotheksbaus ist zwar ein gutes und wichtiges Signal, er kann aber über den nach wie vor drohenden Verlust weiterer wertvoller Bestandsbauten in diesem hochsensiblen Umfeld nicht hinwegtäuschen. Es besteht also noch deutlicher Nachbesserungsbedarf.

Das Beispiel des Bibliotheksbaus - in ihm soll nun das Café für die Studenten entstehen - zeigt, wie sinnvoll die denkmalwürdigen Gebäude einer veränderten Nutzung zugeführt und mit neuem Leben gefüllt werden können. Anders als vom Kultusminister behauptet, gilt das auch für weitere Gebäude der Tierklinik und deren künftige Nutzung.

Die Altstadtfreunde erneuern daher ihre von Beginn an bestehende Forderung … Von einer kreativen Lösung, die eine Brücke zwischen historischem Bestand und Neubauten in zeitgenössischer Architektursprache schlägt, würden nicht nur die Studentinnen und Studenten als künftige Nutzer, sondern alle Münchnerinnen und Münchner profitieren.


"Streit um Physik-Pläne der Uni gehen weiter": www.sueddeutsche.de vom 1. November 2016

Der Streit um die geplante Umstrukturierung des Areals der Tiermedizinischen Fakultät am Englischen Garten ist nicht beigelegt. Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle (CSU) hatte kürzlich mitgeteilt, dass der sogenannte Bibliotheksbau an der Königinstraße erhalten bleiben kann. Alle anderen Komplexe, die aus der Zeit des Wiederaufbaus nach dem Krieg stammen, müssten aber dem künftigen Physik-Campus der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) weichen. Der Initiative Altstadtfreunde München reicht dieses Zugeständnis nicht aus. Es sei zwar ein "gutes und wichtiges Signal", aber es sollten auch noch andere bestehende Komplexe der Tierklinik in den Physik-Campus integriert werden. Dies sei nicht möglich, betonen sowohl Minister Spaenle als auch LMU-Präsident Huber. Die Altbauten seien keine Denkmäler und erfüllten auch nicht mehr die Voraussetzungen für die High-Tech-Forschung. Neben dem Bibliotheksbau sollen nur noch der Torbogen am Eingang zum Englischen Garten beim Milchhäusl und der Schlangenbrunnen an der Königinstraße an die Historie erinnern.


Königinstraße "Glaskuppel als Erinnerung": www.sueddeutsche.de vom 28. März 2017

Physik-Campus soll Tierklinik an Königinstraße ersetzen

Es ist die zentrale Frage: Geht am Englischen Garten ein wichtiges Stück Münchner Bautradition verloren, oder ergeben sich durch einen modernen Physik-Campus an der Königinstraße große Chancen für die Ludwig-Maximilians-Universität in Schwabing? Der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) hat dazu eine klare Haltung. Für ihn eröffnet sich die Chance, die Physik-Fakultät zu stärken. Und Uni-Präsident Huber spricht auch von einem Zeichen, das die Universität setzen kann: "Die Naturwissenschaft hat eine Zukunft in der Innenstadt."

Auf der anderen Seite lässt sich nicht abstreiten, dass für viele Menschen die alten Bauten der Tiermediziner den Eingang zum Englischen Garten geprägt und sich ins Gedächtnis der Parkbesucher eingegraben haben. Bürger und Politiker kritisierten, dass die Neubauarchitektur an dieser Stelle von "mäßiger bis grauenhafter Qualität" sei, wie es der CSU-Abgeordnete Brannekämper ausdrückt. Generalkonservator Mathias Pfeil machte klar, dass die alten Gebäude nach objektiven Kriterien keine Denkmaleigenschaften aufweisen: "Die Häuser wurden nach dem Krieg wieder pragmatisch instandgesetzt." Minister Spaenle wollte sich nicht dem Vorwurf aussetzen, er mache am Englischen Garten alles platt. Als Erinnerung soll das sogenannte Bibliotheksgebäude mit der Glaskuppel stehen bleiben.


LMU: "Neuer Physik-Campus nimmt Fahrt auf": www.sueddeutsche.de vom 16. September 2017

  • Die Tierklinik-Bauten an der Königinstraße werden abgerissen.
  • Hier soll ein neuer Physik-Campus der LMU entstehen.
  • Die Veterinäre ziehen nach Oberschleißheim.

Von Stefan Mühleisen, Maxvorstadt

Letztlich sind die Würfel gefallen für dieses Mammutprojekt, doch manche Münchner schimpfen weiter. Sie sehen es als großen Fehler, für den geplanten Physik-Campus der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) an der Königinstraße die markanten Tierklinik-Bauten zu opfern, um sie durch regelrechte "Gebäudemaschinen" zu ersetzen. Ebenso laut wie die Schimpftiraden waren und sind auch die Lobeshymnen. Von "Wissenschaft auf höchstem Niveau im Herzen der Stadt" schwärmte Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU). Eberhard Schmid nennt es an diesem Abend "Schaufenster der Wissenschaft". Widerspruch erntet er nicht.

Der verantwortliche Bereichsleiter im Staatlichen Bauamt 2 ist mit dem Chef der LMU-Immobilienverwaltung, Matthias Fahrmeier, zur Sitzung des Gremiums gekommen, um sich das Placet für die weiteren Planungsschritte zu holen - und sie bekommen es auch. Es gibt nur einige Nachfragen und Vorschläge aus den Reihen der Fraktionen. Das Gremium hängt sein Herz offensichtlich nicht an diese Bauten, die für viele eine Art emotionales Denkmal sind. Der Abriss der alten Komplexe ist nun nicht mehr aufzuhalten, die völlige Neuordnung dieses Stücks Stadt wird bald aufs Gleis gesetzt: Im Herbst soll der Stadtrat den Weg für das Bebauungsplanverfahren frei machen, kündigt ein Vertreter des Planungsreferats in der Sitzung an.

Das Großprojekt wird das Gesicht dieses vier Hektar großen Segments zwischen Veterinär- und Ohmstraße komplett umkrempeln, kaum ein Stein bleibt auf dem anderen. Es bringt einen Wandel mit sich, den die Staatsregierung und die LMU als zukunftsweisendes Leuchtturmprojekt, als Schub für den Wissenschaftsstandort sehen. Für LMU-Präsident Bernd Huber stand ohnehin außer Frage, dass die Labore für die High-Tech-Forschung kaum in die alten Gebäude integrierbar sind.

Der Plan: Das Tierklinik-Ensemble, welches das Stadtbild im Umfeld von Veterinär- und Königinstraße seit langem prägt, soll platt gemacht werden und einem Campus-Areal für die derzeit verstreuten LMU-Physik-Fakultäten weichen. Bis alles fertig ist, sollen zehn bis zwanzig Jahre vergehen. Das Projekt, das wohl einen dreistelligen Millionenbetrag verschlingen wird, kann nur Schritt für Schritt erfolgen: Die veterinärmedizinischen Abteilungen ziehen sukzessive nach Oberschleißheim um, wo nach und nach ein Campus für Tiermedizin entsteht.

Das Landesamt für Denkmalpflege hält den Komplex nicht für erhaltenswert. Eine Petition gegen den Abriss scheiterte im zuständigen Landtags-Ausschuss an der CSU-Mehrheit, die damit ihrem Parteifreund Spaenle beisprang. Der sicherte immerhin zu, dass der Bibliothekstrakt mit der Glaskuppel auf dem Dach, der Schlangen-Brunnen sowie das alte Zugangs-Portal beim Milchhäusl an der Veterinärstraße erhalten bleiben.

Das Konzept des Wettbewerbssiegers für die Anlage mit 50 000 Quadratmetern Nutzfläche, das Büro Kleyer-Koblitz-Letzel-Freivogel Architekten aus Berlin, sieht neun Gebäude vor; derzeit entsteht als erstes davon das Nano-Institut, in das die Lehrstühle für erneuerbare Energien und experimentelle Physik einziehen sollen. Laut Bauamtsmitarbeiter Schmid soll es Ende 2018 bezugsfertig sein. Das Planungsreferat will nun dem Stadtrat schon bald den Billigungsbeschluss für das Bebauungsplanverfahren vorlegen. Der nächste Bauabschnitt dürfte laut Schmid allerdings erst 2023 anlaufen - denn dann sind erst die Gebäude auf dem neuen Tierklinik-Campus in Oberschließheim bezugsfertig. Erst dann wird auch das Kernkonzept für das neue Antlitz dieses Abschnitts der Königinstraße sichtbar werden: Aus einem abgeschlossene Komplex soll ein umgrüntes, durchlässiges Gebäudegefüge werden.

Das neue Gelände soll frei zugänglich sein

"Bisher ist das Gelände nach außen abgeriegelt", sagt Schmid und betont, dass das Ensemble künftig offen zugänglich sein werde, mit frei stehenden Bauten, umgeben von grünen Freiräumen, die ein neues Entree in den Englischen Garten bilden. "Durchlässigkeit, Erlebbarkeit der Hangkante und Vernetzung des Freiraums", nennt Schmid in der Sitzung als Ziele.

Konkret heißt das: An der Königinstraße sollen zwischen den Kopfbauten lang gezogene Stufen über ein Niveau von 3,50 Metern als so genannter Hanggarten die terrassierte Eingangssituation zu den zurückversetzten Institutsbauten bilden. Insgesamt werde die versiegelte Fläche reduziert, die Aufenthaltsqualität deutlich erhöht, wie Fahrmeier sagt. Auch eine neue Brücke über den Schwabinger Bach sei im Gespräch. Unter dem abgestuften Areal wird eine Tiefgarage mit wohl 100 Stellplätzen entstehen.

Die Stadtviertelvertreter nahmen die Ausführungen wohlwollend zu Kenntnis, vor allem die Aussicht, dass sich der Verkehr durch den Wegfall des Tierklinik-Betriebs reduziert. …


Das Denkmalnetz Bayern bedauert das Scheitern der Bemühungen um den Erhalt der Tierklinik und die Eintragung weiterer Teile in die Denkmalliste und wird den weiteren Fortgang der Angelegenheit aufmerksam verfolgen.

Dieter Martin

20. September 2017


Fortschreibung

Mittlerweile wurde der Schlangenbrunnen vor der Bibliothek als Einzeldenkmal (D-1-62-000-10070) in die Denkmalliste aufgenommen.

Vom geplanten Physik-Campus, ist bisher das Nano-Institut fertig und in Betrieb, der Rest sollte bis etwa 2030 fertig werden. (vgl. SZ-Artikel vom 24.7.23, Sebastian Krass)

Im Juli 2023 stoppt das Gericht den Abriss der Tierklinik am Englischen Garten.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof will nun erst prüfen, ob die bisherige Bebauung denkmalwürdig ist.

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