Bamberg: Quartier an der Stadtmauer – Tabula rasa
Über die Causa Quartier an der Stadtmauer in Bamberg wurde bereits 2015 auf der Seite des Denkmalnetzes Bayern in der Rubrik „Denkmäler und Bauwerke – gerettet, gefährdet, verloren“ unter der Überschrift Ensemble „Altstadt Bamberg nördlich der Langen Straße“ berichtet.
Seit der ersten Eintragung im Juli 2015 ist der Bebauungsplan in Kraft getreten; die vorgezeichneten Abbrucharbeiten sind nunmehr abgeschlossen. Entstanden ist eine Tabula rasa im Herzen der Weltkulturerbestadt inmitten des denkmalgeschützten Ensembles. Zumindest mit einer „Trauerarbeit“ soll nun darauf hingewiesen werden, dass sowohl die Planung als auch die Abbrüche massiv gegen denkmalrechtliche Grundsätze verstoßen haben.
Das Luftbild von Ronald Rinklef vom Mai 2017 zeigt die riesige Wunde, welche die Abbrüche erzeugt haben. Abgebrochen wurde nahezu der gesamte Baubestand, auch die preisgekrönten Sparkassengebäude und alles aufgehende Mauerwerk. Nicht kommuniziert hat die Stadt, ob hierfür jeweils alle notwendigen denkmalrechtlichen Erlaubnisse zum Abbruch vorliegen. Da der gesamte Bestand als Ensemble ausgewiesen ist, galten lückenlos Erhaltungs- und Erlaubnispflicht.
Betrachtet man die riesigen abgeräumten Flächen in der kleinteiligen Altstadt, so wird unverständlich, wie die Stadt in der Abwägungstabelle und in der Begründung zum Bebauungsplan die Umweltrelevanz des Bebauungsplans und die Beeinträchtigung des Ensembles Altstadt verneinen konnte:
Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 BauGB wäre für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Abs. 6 Nr. 7 wohl eine Umweltprüfung durchzuführen gewesen, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden; denn § 1 Abs. 6 Nr. 7 nennt ausdrücklich „d) umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter. Dass die Auswirkungen auf das Kulturgut Ensemble Altstadt „erheblich“ im Sinne des Gesetzes ausgefallen sind, beweist das Luftbild.
Eine Revitalisierung des Quartiers, ist angesichts der durch die denkmalgerechte Neuerstellung der zu beseitigenden Gebäude nur geringen Auswirkungen auf das Ensemble (Ergebnis: Tabula rasa – siehe das Luftbild) geeignet, den Belang der unveränderten Erhaltung der Bestandsbauten zu überwinden. …
Die Ensemblequalität und Denkmaleigenschaft des Ensembles Altstadt Bamberg wird aufgrund der (in der Tabelle behaupteten) denkmalgerechten Ersetzung nicht durch eine „Ausdünnung“ beeinträchtigt.
Der Grund hierfür liegt offenbar in der rechtsfehlerhaften Subsumtion des Baubestandes unter den Umweltbegriff des Baugesetzbuches und den Ensemblebegriff des Denkmalschutzgesetzes seitens der Stadt. Sie hat trotz fundierter rechtlicher Hinweise die Ensembles Lange Straße, Franz-Ludwig-Straße und Promenadestraße verkannt, weil sie fälschlich von einem dem BayDSchG fremden konstitutiven Eintragungssystem ausgegangen ist.
„Was weg ist, ist weg“ – damit kommentierte ein früherer Generalkonservator seine Warnung vor vorschneller Aufgabe von Denkmälern. Das Bamberger Geschehen sollte allen Verantwortlichen eine Mahnung zum Schutz unserer Altstädte, Ensembles und aller Denkmäler sein.
Bamberg im Denkmalnetz
17. Mai 2017
Die Sparkasse Bamberg hat ein Video ins Netz gestellt, das über die Baumaßnahmen im Quartier an der Stadtmauer informiert (Drohnenflug vom Juli 2017)
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