Denkmalbewertung von der „Meta-Ebene“ aus betrachtet

Eingestellt von: Sprecher des Denkmalnetz Bayern
Eingestellt am 24.01.2021
Geändert am 03.02.2021

Denkmalbewertung von der „Meta-Ebene“ aus betrachtet

24.01.2021: In Ganslberg bei Landshut, lebte und arbeitete Fritz Koenig (1924 – 2017), der zu den wichtigsten deutschsprachigen Bildhauern der Nachkriegszeit zählt. Zwischen 1968 und 1971 ist dort auch sein wohl populärstes Werk  die ‚Große Kugelkaryatide NY‘, von den New Yorkern „The Sphere“ genannt, entstanden, eine Bronzeskulptur die den Untergang des World Trade Centers in New York überdauert hatte.  Wie auch die überregionale Presse berichtet (Download unter: www.freunde-fritz-koenig.de), ist die Zukunft der einstigen Wirkungsstätte von Fritz Koenig, das Wohnhaus ebenso wie das Atelier, akut gefährdet. In einem Beitrag der Landshuter Zeitung vom 16.01.2021 äußerte sich Generalkonservator Pfeil, Leiter des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege zur Denkmaleigenschaft des Künstlerdomizils. Dieses könne nicht unter Denkmalschutz gestellt werden, weil Koenig selbst dort nicht an einen „Erinnerungsort“ gedacht habe, es sei vielmehr ein „sehr pragmatischer Lebens- und Werkstattort ohne großen künstlerischen Anspruch“ und die Bedeutung liege „im Privaten, nicht auf der Meta-Ebene der Geschichte.“

Dazu der Kommentar des DNB:

„Meta-Ebene der Geschichte“, dahinter könnte man einen denkmalphilosophischen Höhenflug vermuten, der aber ganz offensichtlich in die Turbulenzen der Widersprüche führt und deshalb ist rasch eine (Bauch-)Landung auf dem Boden des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes vorzusehen. Dort nämlich heißt es im Artikel 1: „Denkmäler sind von Menschen geschaffene Sachen oder Teile davon aus vergangener Zeit, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt.“ Dass hier das Kriterium einer „Meta-Ebene“ fehlt, verwundert wenig. Ist es doch gerade das „Private“, die Alltagskultur, die zu den vorrangigen Aufgabenfeldern der Denkmalpflege gehört. Lange durch das Netz der Geschichte gefallen, werden Wohnbauten und Arbeitsstätten, bürgerliche Prachtbauten wie bäuerliche Anwesen, Scheunen oder Armenhäuser und die „unbequemen Denkmäler“ überhaupt, nicht nur in Bayern, seit mehr als einem Jahrhundert zum baukulturellen Erbe gerechnet. So würde man die Wirkungsstätte eines Dorfschmiedes, Wohnbereich, Werkstatt samt Amboss, Esse und Werkzeug doch wohl ohne weiteres unter Denkmalschutz stellen. Warum dann nicht die Wirkungsstätte eines mit seinen Werken überregional präsenten Künstlers?

Die „Meta-Ebene“, noch dazu der Geschichte im Allgemeinen, ist eine Generalisierung, die der individuellen Sachebene eines Künstlerdomizils wenig gerecht werden kann. Allein schon deshalb, weil eine bloße Behauptung, ohne – allgemein verständliche, geschweige denn nachvollziehbare – Begründung (die unbedingt zu den behördlichen Kernaufgaben gehört), aufgestellt wird. Und wenn eine Fachbehörde schon mal philosophische Anklänge anstimmt, sollten auch die o.g. Turbulenzen bekannt sein, die sich mitunter, bei der Vermengung von Argumentationsebenen als „paradox“ erweisen. So gibt es ja die Geschichte vom Barbier, der sich darin definiert, stets andere Zeitgenossen zu rasieren und verzweifelt danach fragt, ob er Barbier auch dann bleiben kann, wenn er sich selbst rasiert. Bertrand Russell, von dem das Paradoxon stammt, kam zum Ergebnis, dass Vergleiche mitunter ins Leere führen können. Nebenbei bemerkt stellt auch das Argument,  dass ein Koenig-Museum im Landshuter Hofberg existiert, eine unzulässige Vermengung mit fraglicher Denkmalausweisung dar. Schlussendlich könnte es sich empfehlen dem Alten Testament (Hiob 13, 5) zu folgen, danach sollte die Metaebene von Ganslberg besser in Schweigen gehüllt werden. Die Sprecher des DenkmalnetzBayern setzen sich jedenfalls mit allem Nachdruck für den Eintrag von Koenigs Wirkungsstätte in die Bayerische Denkmalliste ein!

Fritz Koenigs Beitrag zur „Meta-Ebene der Geschichte“: München, Denkmal für die Opfer des Olympia-Attentats, 1996 (Foto: Wikipedia s.u.)

Denkmalbewertung von der „Meta-Ebene“ aus betrachtet - Fotos


Wir freuen uns über Kommentare

Bitte beachten Sie dabei unsere Netiquette.

Neuen Kommentar schreiben

a

-

Bitte rechnen Sie 2 plus 5.

o

Ihre E-Mail Adresse und Ihren Namen benötigen wir, um Fragen zur Veröffentlichung Ihres Kommentars zu klären. Ihre Daten werden ausschließlich in Zusammenhang mit dieser Kommentarfunktion genutzt und zu diesem Zweck in elektronischer Form gespeichert. Eine Weitergabe erfolgt nicht. Die entsprechende Datennutzung akzeptieren Sie mit dem Absenden dieses Formulars. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit für die Zukunft per E-Mail an kontakt@denkmalnetzbayern.de widerrufen. Detaillierte Informationen zum Umgang mit Nutzerdaten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.