Ein Klotz zwischen Augsburger Dom und Rathaus?
Seit Mitte Dezember vergangenen Jahres sind an prominenter Stelle in der Augsburger Innenstadt Abbrucharbeiten in Bestandsgebäuden der Nachkriegszeit in Gange – in den Gebäuden Schmiedberg 4 und Karolinenstraße 26. Sie sind wohl die Vorboten größerer Umbauten im Areal (Karolinenstraße 26-28/Schmiedberg 4/Leonhardsberg 1-3). Über die Pläne ist bisher wenig an die Öffentlichkeit gedrungen. Irritierend: Im November/Dezember 2015 stellte der Architekt Geza Varga erste Entwurfsskizzen für das gesamte Geviert auf seine Homepage, um sie bereits kurz darauf wieder herunterzunehmen. Die von Geza Varga geposteten Pläne würden einen schwerwiegenden Eingriff in das Stadtbild bedeuten.
Die Baugruppe liegt an einer besonders exponierten Stelle inmitten des Ensembles „Altstadt Augsburg“, nämlich an der alten Hauptstraße zwischen dem Dom und dem Rathaus. Das Bauwerk Karolinenstraße 28 (ehemalige Innungskrankenkasse) schiebt sich vom Dom aus gesehen mit seinem Giebel in die Blickachse hinein, während das ehemalige Kaufhaus „Mages“ (Leonhardsberg 1) zu der nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden Ost-West-Achse durch die Innenstadt zählt. Der Rhythmus zwischen höheren und niedrigen Volumina ist charakteristisch für die Fassadenabwicklung an der Karolinenstraße und am Hohen Weg.
Die Umgebung des Schmiedbergs gehört zu den verwahrlosten Orten in der Augsburger Innenstadt. Die ehemalige Handwerkskammer (Schmiedberg 4) stand seit Jahren leer genauso wie das ehemalige Wohn- und Geschäftshaus am Schmiedberg 6 (1954-59 von Raimund von Doblhoff), das gegenwärtig ebenfalls umgebaut wird. Eine Sanierung ist daher grundsätzlich zu begrüßen.
Die im November/Dezember 2015 vom Architekten Geza Varga veröffentlichten, dann aber zurückgezogenen Entwurfsskizzen wurden am 9. Dezember 2015 auch im Deutschen Architekturforum gepostet. Dort sind sie als Links noch abrufbar. Schmiedberg 4 und Karolinenstraße 28 würden demnach zwei zusätzliche Obergeschosse erhalten, das niedrigere Gebäude Karolinenstraße 26 vollständig abgerissen und als Glasarchitektur neu gebaut werden. Gestalterisch ist mit den vorgezogenen Flachdächern eine Anpassung an das (soweit aus den Plänen ersichtlich kaum veränderte) „Mages-Gebäude“ versucht, ohne allerdings die Fassadengliederung dieses Bauwerks aufzugreifen. Das bisherige Ensemble würde zu einem wuchtigen Gebäude zusammengefasst. Sämtliche Details an der Architektur der ehemaligen Innungskrankenkasse (Karolinenstraße 28) sollen verschwinden – etwa das abschließenden Gesims, die Segmentbogenfenster oder auch das Gitter über dem Haupteingang. Anstatt einer rhythmisierten Häuserzeile würde sich dann vom Dom aus ein hoher, massiger Baukomplex vor das Rathaus schieben, der prägende Giebelbau wäre durch einen flach abschließenden Kubus ersetzt.
Ähnliche Tendenzen waren in den vergangenen Jahren auch an anderen Stellen in der Augsburger Altstadt zu beobachten. Am Martin-Luther-Platz 5, gegenüber der St.-Anna-Kirche, wurde das Satteldach für ein rückversetztes Vollgeschoss aufgegeben; an den Nachbarhäusern Zeuggasse 1 und Zeugplatz 9, benachbart zu Zeughaus und Fuggerhäusern, wurden ebenfalls Vollgeschosse auf die Nachkriegsbauten gesetzt; die rückwärtigen Trakte des Hotels „Drei Mohren“ wurden aufgestockt und dahinter eine massige Hochgarage errichtet, die vom Schaezlerpalais aus sichtbar ist.
Die Argumentation für die Eingriffe ist immer ähnlich. Weil es sich um Nachkriegsbauten handelt, die nicht als Einzeldenkmäler geschützt sind, sind starke Veränderungen „erlaubt“. Diese sind dann aber meist weniger gestalterisch motiviert, sondern in erster Linie wirtschaftlich. In allen Fällen ging es letztlich um eine Erhöhung der Baustaffel und damit um eine rentablere Nutzung des Bodens. In allen Fällen aber sind die gleich benachbarten historischen Bauten empfindlich beeinträchtigt, weil sie nun zwischen wesentlich größeren, kaum gegliederten Volumina stehen.
Mit dem Areal Karolinenstraße 26-28/Schmiedberg 4/Leonhardsberg 1-3 wäre eine neue Dimension der Entwicklung erreicht, da diese Praxis nun auch in der alten Hauptstraße der Stadt ankommen würde und nun auch ein prägender Blick auf das Rathaus, den Symbolbau der Stadt Augsburg, entwertet würde. Bleibt zu hoffen, dass der Baukunst-Beirat der Stadt sowie die Denkmalpflege noch Veränderungen an diesen Plänen bewirken können (oder bereits bewirkt haben), vor allem was das Giebelhaus Karolinenstraße 28 betrifft, das sowohl städtebaulich von hoher Bedeutung ist, als auch Elemente einer „Heimatschutz-Architektur“ aufweist.
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Kommentar von Monika Märkl |
Wann wurde das Kaufhaus Mages (Leonhardsberg 1) geschlossen?
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