Landtagswahl: Wahlprüfsteine zum Denkmalschutz

Eingestellt von: Denkmalnetz Bayern
Eingestellt am 18.08.2013
Geändert am 10.12.2018

Landtagswahl: Wahlprüfsteine zum Denkmalschutz

Am 15. September ist in Bayern Landtagswahl - spielt der Denkmalschutz für die Politik eine Rolle? Und wie: Es muss ja nicht gleich wie beim denkmalgeschützten Bahnhof bei „Stuttgart 21“ ablaufen, aber auch in Bayern interessieren sich die BürgerInnen immer mehr für Baukultur und Stadtentwicklung und möchten mitreden! Die Parteien antworteten auf die Wahlprüfsteine des Denkmalnetzes Bayern deswegen erfreulich differenziert.

Das Denkmalnetz Bayern als Stimme der bürgerschaftlichen Denkmalpflege hat vor der Landtagswahl die großen Parteien um Stellungnahme zu Wahlprüfsteinen zum Denkmalschutz gebeten. Die Antworten von CSU, SPD, GRÜNEN, Freien Wählern, FDP und LINKEN auf 7 Leitfragen zeigen klar, dass erhebliche Unterschiede zwischen den Parteien bestehen. Im Folgenden stellen wir eine Zusammenfassung der Ergebnisse sowie eine grafische Übersicht in den Ampelfarben Grün-Gelb-Rot vor. Die einzelnen Wahlprüfsteine können am Ende des Berichts heruntergeladen werden. Eine Wahlempfehlung folgt daraus nicht, stattdessen möchten wir zu einer differenzierten Meinungs- und Willensbildung anregen.
 
 
1. Bedeutung des Denkmalschutzes
 
Ganz klar: Eine allgemeine „hohe Bedeutung“ messen alle Parteien dem Denkmalschutz und den bayerischen Denkmälern zu.
 
 
2. Fördermittel
 
Worum geht es?
Auch wenn der Erhalt eines Gebäudes meist in mehrfacher Hinsicht lohnender ist als ein Neubau, sind denkmalgerechte Restaurierungen manchen Privateigentümern nur schwer zu vermitteln. Förderungen sind hier eine wichtige und auch psychologisch nicht zu unterschätzende Hilfe. Dies gilt insbesondere, wenn steuerliche Vorteile aus rechtlichen oder finanziellen Gründen nicht ausreichend greifen. Die Mittel des Landesamtes für Denkmalpflege für Förderungen sind in den vergangenen Jahren jedoch sehr gekürzt worden (z.B. von 23 Mio. € 1990 auf 10 Mio. € 2012). Etwas aufgestockt auf 23 Mio. € wurde dagegen ein zweiter Fördertopf, der sog. Entschädigungsfonds, aus dem jedoch in der Regel nur Großprojekte gefördert werden.
 
Was wollen die Parteien?
Alle Parteien sprechen sich für eine Erhöhung der Fördermittel aus - und reklamieren ungeachtet der realen Kürzungen für sich, sich auch in der Vergangenheit dafür stark gemacht zu haben. Die Auflösung dieses Widerspruchs liegt im genannten Entschädigungsfonds, auf deren Erhöhung sich CSU und FDP berufen, während gleichzeitig die Fördermittel des Landesamtes gekürzt wurden. Da explizit nach den Mitteln des Landesamtes gefragt wurde, vergaben wir für diese Antwort nur ein „Gelb“. FDP, SPD und GRÜNE betonen in diesem Zusammenhang auch die Rolle des Denkmalschutzes als Wirtschaftsfaktor, dessen Förderung ein Vielfaches an Investitionen anschiebt.
 
 
3. Dissensverfahren
 
Worum geht es?
Die entscheidende Stelle für denkmalrechtliche Verfahren, z.B. für Abbruchanträge, ist die Untere Denkmalschutzbehörde, die meist bei den Landratsämtern angesiedelt ist. Als Verwaltungsstelle wird sie fachlich beraten vom Landesamt für Denkmalpflege. Wenn sich beide Stellen uneins sind, sorgte bis 1994 das sog. „Dissensverfahren“ für eine Lösung und eine gewisse Kontrolle der bisweilen unter politischem Druck stehenden Unteren Denkmalschutzbehörden. Seither jedoch kann die Untere Denkmalschutzbehörde letztlich allein entscheiden.
 
Was wollen die Parteien?
Dabei möchten es CSU, FDP und SPD auch belassen. Die CSU meint, „die örtliche Situation könne von den Unteren Denkmalschutzbehörden am besten überblickt werden“, die FDP weist immerhin darauf hin, dass von ihrer Seite keine weiteren Vereinfachungen und Abschwächungen des Denkmalrechtes geplant seien. Die Antwort der SPD irritiert etwas, da sie eine Wiedereinführung mit Hinweis auf die Seltenheit eines Dissenses ablehnt (0,2% der Fälle pro Jahr) - dabei ist der angebliche Verwaltungsaufwand ja gerade ein entscheidendes Argument bei der Abschaffung gewesen. Die FW möchten die geltenden Zuständigkeiten ebenfalls so belassen, könnten sich aber eine „Evaluation und gegebenenfalls Wiedereinführung für Denkmäler von übergeordneter Bedeutung“ vorstellen - bislang kennt das Denkmalrecht allerdings keine Unterscheidung von unterschiedlich bedeutenden Denkmälern. GRÜNE und LINKE dagegen befürworten eine Wiedereinführung, die GRÜNEN hatten dazu sogar kürzlich eine parlamentarische Anfrage gestellt.
 
 
4. Verbandsklage
 
Worum geht es?
Gegen die meisten Verwaltungsentscheidungen kann nur Widerspruch und Klage erheben, wer persönlich in seinen Rechten betroffen ist (z.B. als Eigentümer) - nicht jedoch, wenn er sich aus allgemeinem Interesse gegen die Entscheidung wendet. Im Naturschutzrecht dagegen bewährt sich seit Jahren die Möglichkeit der Verbandsklage: Anerkannte Naturschutzverbände können gegen eine Entscheidung klagen, die ihren Schutzzweck betrifft. Wir fragten nach der Einführung der Verbandsklage auch für Denkmalverbände.
 
Was wollen die Parteien?
Die SPD lehnt die Verbandsklage ab. CSU, FDP und FW zeigen sich skeptisch, können sich aber eine Prüfung des Verbandsklagerechts vorstellen, die FW allerdings wieder nur bei „überragender Bedeutung“. GRÜNE und LINKE dagegen befürworten eine Verbandsklage, die GRÜNEN verweisen dabei auf positive Erfahrungen im Umweltbereich.
 
 
5. Öffentlichkeitsbeteiligung
 
Worum geht es?
Über denkmalrechtliche Verfahren wird die Öffentlichkeit derzeit nicht informiert oder ist daran beteiligt. Dabei stützt sich das Denkmalrecht auf ein öffentliches Interesse. Wir fragten nach konkreten Änderungen hin zu einer Information oder Beteiligung der Öffentlichkeit.
 
Was wollen die Parteien?
SPD, LINKE und FW stehen der Idee zwar wohlwollend gegenüber, benennen jedoch keine konkreten Maßnahmen; die FW kündigen dazu allerdings eine parlamentarische Initiative an. Konkrete Vorschläge haben nur die GRÜNEN unterbreitet, z.B. durch die Einrichtung regionaler Denkmalbeiräte. Die FDP benennt zwar ebenfalls Transparenz als ein hohes Ziel, weist aber gleichzeitig auf datenschutzrechtliche Interessen der Eigentümer hin. Die CSU verweist auf den DenkmalViewer Bayern, ein in der Tat vorbildliches Instrument zur Darstellung der eingetragenen Denkmäler, lehnt jedoch weitergehende Maßnahmen ab.
 
 
6. Orts- und Stadtbilder
 
Worum geht es?
Da an Denkmäler in den letzten Jahren verschärfte Kriterien gestellt wurden, sind viele traditionelle Orts- und Stadtbilder nicht mehr vom Denkmalschutz erfasst. Schützend wirken sollen nun die Kommunen mit ihrem baurechtlichem Instrumentarium, sie sind dabei aber bisweilen überfordert oder sogar desinteressiert. Wir fragten nach Möglichkeiten eines unterstützenden staatlichen Engagements in diesem Bereich.
 
Was wollen die Parteien?
Obwohl die fachliche Diskussion zu diesem Thema in vollem Gange ist, hat keine Partei konkret darauf geantwortet. Die CSU sieht keinen weiteren Handlungsbedarf und verweist auf evtl. Kollisionen mit den Rechten von Eigentümern. FW, LINKE, GRÜNE und FDP sehen hier eher ein Problem der Fördermittel (ob Zuschüsse oder im Rahmen der Städtebauförderung und Dorferneuerung) und fordern einmal mehr deren Erhöhung. Die SPD sieht hier bildungspolitischen Handlungsbedarf in Schulen und Architektenausbildung.
 
 
7. Sonstiges
 
Worum geht es?
Dies war die Gelegenheit zu ergänzenden Positionierungen zum Denkmalschutz.
 
Was wollen die Parteien?
Die CSU kündigt eine Initiative zur Entschädigung von Grundstückseigentümern bei archäologischen Funden an und wendet sich gegen das Rechtsinstrument des sog. „Schatzregals“, durch das Funde automatisch Eigentum des Staates werden. Ähnliches fordert die FDP, außerdem möchte sie weitere Kosten wie z.B. von Gutachten bei archäologischen Untersuchungen nicht allein den Grundstückseigentümern anlasten. Die SPD verweist erneut auf die Bildungspolitik und ebenso wie die GRÜNEN allgemein auf das Problem der besseren Vereinbarkeit von Denkmalschutz und energetischer Sanierung. Die GRÜNEN stellen außerdem einen Zusammenhang mit der Landes- und Regionalplanung her und wenden sich gegen großflächigen Einzelhandel auf der grünen Wiese. Im Gegensatz zu CSU und FDP fordern sie gerade ein Schatzregal in der Archäologie. Die LINKEN betonen die Bedeutung der Nachkriegsmoderne und der Industriekultur, die FW noch einmal allgemein die kulturelle Bedeutung des Denkmalschutzes.
 
 
Die Wahlprüfsteine zum Download:

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