Sichtbare Erfolge: Denkmalnetz zieht Zwischenbilanz beim Jahrestreffen

Eingestellt von: Denkmalnetz Bayern
Eingestellt am 07.12.2014
Geändert am 28.09.2017

Sichtbare Erfolge: Denkmalnetz zieht Zwischenbilanz beim Jahrestreffen

Bereits zum dritten Mal versammelten sich die Mitglieder des Denkmalnetzes Bayern zum Jahrestreffen – heuer in der Welterbestadt Regensburg. Die Veranstaltung bot den Teilnehmern wieder die Möglichkeit zum Austausch sowie hilfreiche Informationen und Tipps. Gastgeber waren zwei Vereine aus Regensburg, der Geschichts- und Kulturverein Kumpfmühl und das Forum Regensburg.

Stadtheimatpfleger Werner Chrobak betonte in seinem Grußwort, dass bürgerschaftliches Engagement ein „belebendes, lebensnotwendiges Element der Demokratie“ sei. Das Bekenntnis der Bürger zum baulichen Erbe sei wertestiftend. Regensburg sei ein lehrreiches Beispiel. Einerseits habe man „nicht wieder gut zu machende Fehler gemacht“, andererseits sei es gelungen, optimale denkmalpflegerische Lösungen zu schaffen. Trotz des Weltkulturerbestatus gebe es aber weiterhin Gefährdungsbereiche. Dass die Stadt auch den modernen Erfordernissen eines lebendigen Organismus genügen müsse, bedeute ein ständiges Ringen um den Erhalt der originalen Substanz. Daher seien die Kommunikationsprozesse von größter Bedeutung. Während der Geschichts- und Kulturverein Kumpfmühl etwa die Rettung eines Gründerzeithauses erreicht habe, sei der Niedergang des Pürkelguts, eines barocken Wasserschlosses, noch ein ungelöstes Problem.
 
Für die Gastgeber betonten Hubert Wartner, der Vorsitzende des Geschichts- und Kulturvereins Kumpfmühl und Helmut Wilhelm vom Forum Regensburg die große Bedeutung von Bürgerinitiativen für eine gedeihliche Stadtentwicklung. Ähnlich wie Stadtheimatpfleger Chrobak sieht Wartner derzeit die größte Herausforderung darin, die Gratwanderung von sinnvollen und finanzierbaren Sanierungen zu bewerkstelligen und nach Möglichkeit „disneyhafte Auswüchse“ zu verhindern. Regensburg habe eine gute Ausgangsposition, da es noch nicht zur reinen Kulisse für Touristen verkommen sei. Wichtig sind für Wartner und seinen Verein insbesondere auch die Stadtteile außerhalb des Zentrums, wo die kulturhistorische Überlieferung ebenfalls Grundlage der städtebaulichen Entwicklungen sein müsse. Helmut Wilhelm erinnerte daran, dass Bürgerinitiativen in Regensburg „schauderliche Planungen“ verhindert hätten. „Ohne die Bürgerinitiativen gäbe es kein Welterbe Regensburg“, so der ehemalige Richter am Bayerischen Verfassungsgerichtshof. Noch immer seien wachsame Bürgerinnen und Bürger nötig, um aktuelle Planungen kritisch zu hinterfragen. Als Beispiel nannte Wilhelm die geplante ÖPNV-Ersatzbrücke über die Donau. Während Bürgerinitiativen maßgeblich die Entlastung der weltberühmten Steinernen Brücke herbeigeführt hätten, drohe diese durch den Neubau in der geplanten Form nun ihre einzigartige Wirkung einzubüßen. Angesichts der hohen Wirtschaftskraft gelte es aufzupassen, dass die Stadt keinen Schaden nehme.
 
Die beiden Denkmalnetzsprecher Achim Schröer und Johannes Haslauer blickten auf die Aktivitäten des Denkmalnetzes im vergangenen Jahr zurück. Sie berichteten, dass die Sprecherkollegin und Architektin Meike Gerchow in den Landesdenkmalrat berufen worden ist, der als Beratungsgremium der Staatsregierung dient. Durch aktuelle Berichterstattung auf der Homepage habe man den „Fall Goppel“ begleitet. Thomas Goppel, Vorsitzender des Landesdenkmalrats, hatte im umstrittenen Fall des Lichtspielhauses Fürstenfeldbruck seine eigenen Kollegen in offensichtlich nicht schmeichelnder Absicht als „Denkmalfreaks“ bezeichnet, gegenüber denen man die Abrisspläne „behaupten“ müsse. Zahlreiche Initiativen aus dem Netzwerk konnten Erfolge verbuchen, etwa das Architekturforum Augsburg und der Verein Kulturerbe Rainhaus in Lindau. An anderen Orten dagegen sei noch offen, ob die engagierten Gruppierungen beabsichtigte Abbrüche verhindern könnten. Eine neu eingerichtete Arbeitsgruppe im Denkmalnetz Bayern wird sich künftig verstärkt um Hilfestellung in Einzelfällen bemühen. Im kommenden Jahr möchte das Denkmalnetz zusätzlich zum Jahrestreffen eine Veranstaltung zur Frage des Orts- und Stadtbildschutzes organisieren.
 
Als Gastreferentin gab Louise Frank, Pressereferentin beim Bund Naturschutz, Tipps für eine erfolgreiche Pressearbeit von Bürgerinitiativen. Es sei wichtig, so Frank, sich auf die Bedürfnisse der Medien einzulassen. Gefragt seien „knackige Schlagzeilen“, eine journalistische Schreibe und gute Bilder. Neben aktuellen Anlässen würden sich für Berichterstattung auch Themen mit dem Potenzial für Kontroversen eignen. Über die Tageszeitungen hinaus müsse man auch an Wochenblätter, Gratiszeitungen, öffentlich-rechtliche wie private TV- und Radiosender sowie an Internetplattformen als Adressaten denken.
 
In einem eigenen Schwerpunkt war am Nachmittag Raum für Vertreter von Mitgliedsinitiativen des Denkmalnetzes, ihre Aktivitäten vorzustellen. Birgit Angerer, Leiterin des Oberpfälzer Freilandmuseums Neusath-Perschen in der Oberpfalz, stelle den 2009 gegründeten Arbeitskreis „Heimat, deine Bauten“ vor, dem auch das Museum angehört. Am Beispiel des Landkreises Cham verdeutlichte sie die drastischen Verluste an Denkmälern in den letzten Jahrzehnten. Etwa 25 Prozent der noch vorhandenen Baudenkmäler seien derzeit im Bestand gefährdet. Die Denkmalbehörden würden von den Bürgern oft als „obrigkeitsstaatliches Ärgernis“ empfunden, die staatlichen Zuschüsse reichten in wirtschaftsschwachen Regionen oft nicht als Anreiz für eine Sanierung aus. Der Arbeitskreis wolle daher ein Forum für Gespräche zwischen Nutzern, Architekten, Kommunalpolitikern und Touristikern sein, um Möglichkeiten zur Nutzung aufzuzeigen. Schließlich sei der Umzug eines Gebäudes in ein Freilandmuseum immer nur das letzte Mittel. „Am schönsten ist es, wenn die Häuser da stehen, wo sie hingehören“, so Angerer. Für das kommende Jahr plant der Arbeitskreis ein Symposium zum Problem der „Ortskernentleerung“. Mehrere Freilichtmuseen würden außerdem gerade ein Konzept zur Vermittlung denkmalpflegerischer Anliegen an Schüler entwickeln.
 
Von den aktuellen Entwicklungen beim abbruchgefährdeten Moserbräu in Landshut berichtete Peter Wölling von den Altstadtfreunden Landshut e.V. In einem Memorandum machte der Verein deutlich, dass aus seiner Sicht für eine Abrissgenehmigung die Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Der Eigentümer, so Wölling, habe sich aber beim Ortstermin des Landesdenkmalrats uneinsichtig gezeigt. Die Hoffnungen ruhen nun auf einem neutralen Gutachter, der den Zustand des Hauses untersuche. Der Verein setze sich darüber hinaus generell gegen den Trend moderner Wohnbebauung mit vorgesetzten „Disneyland-Fassaden“ ein. Man wolle Investoren „die Lust verderben, Denkmäler zu kaufen und verfallen zu lassen“. Vereinsmitglied Sophie Killermann, Studentin der Historischen Bauforschung an der Hochschule Regensburg, stellte Projekte des Vereins aus dem Bereich der Öffentlichkeitsarbeit vor, insbesondere ein geplantes digitales Kataster zur Baugeschichte der Altstadt Landshuts. Ziel sei es, auch der jungen Generation einen schnellen und zeitgemäßen Zugriff auf baugeschichtliche Informationen zu ermöglichen. Mit Erfolg hat der Verein Fotowettbewerbe durchgeführt, aus denen Jahreskalender hervorgingen.
 
Die gewinnbringende Zusammenarbeit zwischen dem Förderverein Beginenhaus in Kempten und der Realschule an der Salzstraße stellte die Lehrerin Britta Fischer vor. Sie bietet als wöchentliches Wahlfach aktive Arbeit im Denkmalensemble an. Bereits zweimal hat die Schule mit dem Projekt an „denkmal aktiv“ teilgenommen, dem Schulprogramm der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Die Schülerinnen und Schüler tragen dazu bei, das „schlafende Denkmal“ aufzuwecken. Mit großer Begeisterung widmen sie sich den vom Beginenhaus-Verein gestellten, fachlich abgestimmten Aufgaben. Zur Praxis wird den Kindern auch denkmalpflegerische Theorie vermittelt. Darüber hinaus übernehmen sie Führungen und organisieren Veranstaltungen wie einen Weihnachtsmarkt im Haus. Fischer ermutigte Denkmalinitiativen, sich an die örtlichen Schulen zu wenden. Die besten Ansprechpartner seien die Fachbetreuer für Geschichte.
 
Den Einsatz des Fördervereins Volksbad e.V. für das seit 20 Jahren leer stehende Volksbad in Nürnberg stellte Martin Linek vor. Mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen wie dem Druck einer Sondermarke zum Stadtteiljubiläum von Gostenhof habe man die Aufmerksamkeit für das Volksbad erhöhen können. Eine Umfrage habe inzwischen eine hohe Zustimmung der Nürnberger zum Ziel der Wiedereröffnung des Bades ergeben. Auf einen Brief an den bayerischen Finanz- und Heimatminister Markus Söder habe dieser 10 Millionen Euro als staatliche Unterstützung in Aussicht gestellt, wenn die Stadt die gleiche Summe zur Verfügung stelle. Die Gesamtkosten der Sanierung liegen laut Linek bei etwa 40 Millionen Euro.
 
Die angebotenen Rundgänge und Führungen luden dazu ein, sich ein Bild vom denkmalpflegerischen Geschehen in der Welterbestadt zu verschaffen – etwa von der historischen Altstadt mit der archäologische Grabung am Donaumarkt oder von Regensburgs ältestem Stadtteil Kumpfmühl, wo das vom Geschichts- und Kulturverein umsorgte „Salettl“ kurz vor der Rettung steht. Auf einem „Marktplatz“ präsentierten sich die Initiativen und Engagierten mit Postern und Infomaterial.

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