Stellungnahme des Denkmalnetz Bayern zur Drucksache 18/25571 im Rahmen der Anhörung vor dem Ausschuss für Wissenschaft und Kunst am 8. März 2023
Zum Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung, namentlich des Bayerischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst, vom Frühjahr 2022 hat das Denkmalnetz Bayern bereits im Oktober 2022 Stellung genommen. Bis zur ersten Lesung am 25. Januar 2023 waren in den Gesetzentwurf weitere Änderungen eingegangen (siehe Drucksache 18/25571).
Zu dieser Drucksache und den Änderungsanträgen im Vorfeld der Anhörung im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst am 8. März 2023 nehmen wir wiederum Stellung:
1. Das Dissensverfahren muss wieder eingeführt werden
Ausdrücklich verweisen wir auf Punkt 10 unserer Forderungen für eine bessere Denkmalpflege, in dem längst die Wiedereinführung des Dissensverfahrens dargelegt ist.
Trotz des verfassungsrechtlichen Ranges hat es sich, anders als bei Abschaffung des Dissensverfahrens im Jahre 1994 erhofft, nicht bewährt, den kommunalen Vollzugsbehörden denkmalschutzrechtliche Entscheidungen zu überlassen, wo keine Einigung zwischen Fach- und Vollzugsbehörde erzielt werden konnte. Die Nähe zwischen kommunalen Behörden und politischen Entscheidungsträgern hat dem Denkmalschutz eher geschadet. Entscheidungen auf übergeordneter Ebene im Dissensfall verbürgen fachliche Erwägungen statt politischer Einflussnahme (siehe auch Bernd Vollmar, 50 Jahre Bayerisches Denkmalschutzgesetz. Ein Jubiläum zum Jubilieren? S. 245)
2. Die Staatliche Bauverwaltung muss den Verfahren gemäß DSchG unterworfen bleiben
In Art. 12 DSchG sind die Aufgaben des BLfD festgelegt, einschließlich der Herausgabe von Richtlinien zur Denkmalpflege.
Mit der beabsichtigten Ergänzung in Art. 6 Abs. 3 nach Satz 1 wird auf Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayBauO verwiesen. Unauffällig sollen damit staatliche Bauämter von den ansonsten für private, kommunale und kirchliche Eigentümer geltenden Erlaubnisverfahren entbunden werden. Die Ergänzung wird mit Harmonisierung und Bürokratieabbau begründet.
Demgegenüber hat das BLfD in seiner Publikation „Baumaßnahmen an Baudenkmälern“ bereits im Jahre 2008 transparent und übersichtlich die immer noch gültigen erforderlichen Vorgehensweisen dargestellt.
Es sind keine Gründe ersichtlich, die die denkmalpflegerische Kompetenz des BLfD überflüssig erscheinen ließen.
Die beabsichtigte Ergänzung nach Satz 1 in Art. 6 Abs. 3 muss deshalb entfallen.
3. Zuständigkeiten des BLfD dürfen nicht auf die Ebene der Unteren Denkmalschutzbehörde (UDSchB) verlagert werden
Mit der noch gültigen „Gemeinsamen Bekanntmachung zum Vollzug des DSchG und baurechtlicher Vorschriften“ des Kultus- und Innenministeriums“ vom 27.07.1984 wurde eine Vollzugsverordnung geschaffen, die klare Praxisregeln für die Beteiligung des BLfD und dessen Richtlinienkompetenz festschreibt (https://www.denkmalrechtbayern.de/wp-content/uploads/2018/02/5-2-5-Bayern-Gemeinsame-Bekanntmachung-DSchutz-Baurecht-15-S.pdf, hier besonders Nr. 11 – 14).
Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf sieht die Ausarbeitung solcher Richtlinien nicht vor, sie müssen jedoch für den Vollzug verpflichtend verankert sein. Schon deshalb liegt die Vermutung nahe, dass künftige Probleme vermehrt auf dem Klageweg gelöst werden.
Konkrete Auswirkung wird dies auf die klimagerechte Modernisierung von Denkmälern haben. Dem BLfD gebührt die Richtlinienkompetenz, um einheitliche Standards, etwa zu Materialien, festzulegen, nicht den einzelnen UDSchB.
Nicht eindeutig geregelt ist auch, ob die Anbringung von PV-Anlagen an Denkmälern künftig verfahrensfrei sein wird oder ob die jeweilige UDSchB bzw. BLfD beteiligt werden müssen.
Konkret wirkt sich die Verlagerung der Kompetenzen auf die UDSchB auch auf Förderungen und die erhöhte steuerliche Abschreibung bei Denkmälern aus. Nach Bundesrecht muss durch das BLfD bescheinigt werden, dass die Aufwendungen dem Erhalt und der sinnvollen Nutzung des Baudenkmals dienten. Dies ist nur möglich, sofern es am Verfahren beteiligt war (https://www.gesetze-im-internet.de/estdv_1955/__82i.html).
Die offenen Fragen müssen klar geregelt werden. Die Kompetenz des BLfD muss erhalten bleiben.
4. Der Begriff „aus vergangener Zeit“ in Art. 1 Abs. 1 DSchG soll präzisiert werden
Das DSchG definiert in Art. 1 Abs. 1 Denkmäler u.a. als Sachen „aus vergangener Zeit“. Dieses Kriterium hat in der Vergangenheit zu unterschiedlichen Auslegungen geführt. Wahlweise musste ein Denkmal aus einer „abgeschlossenen Epoche“ stammen oder von der vorhergehenden Generation erstellt sein. Die Ergänzung des Begriffs der vergangenen Generation oder der Bestimmung des Alters mit 25 Jahren verhilft zur Vermeidung künftiger Kontroversen zur Denkmalwürdigkeit jüngerer Bauten und soll deshalb ergänzt werden.
5. Trotz Einschränkung widerspricht der Gesetzentwurf der Bayerischen Verfassung
Wie in unserer Stellungnahme vom 22.10.2022 dargelegt, widerspricht die Priorisierung des verfassungsrechtlichen Schutzgutes Klimaschutz gegenüber dem Schutzgut Denkmalschutz der Bayerischen Verfassung. Die Einschränkung auf die Nutzung „überwiegend“ für den Eigenbedarf ändert daran nichts.
Nach wie vor rechtfertigt der bundesrechtliche §2 EEG nicht den Vorrang der erneuerbaren Energien gegenüber dem landesrechtlichen Denkmalschutz. Zudem sieht § 105, GEG Ausnahmen für Baudenkmäler und erhaltenswerte Bausubstanz vor.
6. Die Klassierung „besonders landschaftsprägender Denkmäler“ ist unzulässig
Wie in unserer Stellungnahme vom 22.10.2022 erläutert, entbehrt diese Klassierung „besonders landschaftsprägend“ der rechtlichen Definition. Die in der Begründung zum Gesetzentwurf aufgestellten Kriterien können diesen Mangel nicht heilen, da sie dem Gesetzestext nicht zu entnehmen sind.
Wir freuen uns über Kommentare
Bitte beachten Sie dabei unsere Netiquette.
Neuen Kommentar schreiben