Bislang konnte die Siedlung – hier die Opalstraße – ihr geschlossenes bauliches Erscheinungsbild bewahren. Der hohe Druck des Immobilienmarktes in München ist mittlerweile jedoch auch hier zu spüren - Foto: E. Repnikov

Stellungnahme zur Bauleitplanung "Bebauungsplan mit Grünordnung Nr. 2179" - Siedlung Ludwigsfeld

Eingestellt von: Ewgenij Repnikov
Eingestellt am 28.05.2024
Geändert am 09.09.2024

Stellungnahme zur Bauleitplanung "Bebauungsplan mit Grünordnung Nr. 2179" - Siedlung Ludwigsfeld

Weiterentwicklung Siedlung Ludwigsfeld - sowie Änderung des Flächennutzungsplans mit integrierter Landschaftsplanung

Die Entwürfe für die Erweiterung der 1952 erbauten Wohnsiedlung Ludwigsfeld zeugen von einer Unkenntnis der Geschichte und Vorgeschichte dieser Siedlung, die auf dem Gelände des ehemaligen KZ-Außenlagers Allach entstanden ist.

So soll auf dem Gelände nördlich der Rubinstraße ein vierstöckiges Gebäude – ein Hofhaus – entstehen. Diese jetzt noch großzügige Grünfläche markiert aber den Appellplatz des ehemaligen KZ-Außenlagers Allach. Hier wurden Menschen erhängt und zu Tode geprügelt. Es ist pietätlos und unsensibel, an diesem Ort des Todes ein Gebäude zu errichten und ihn so unkenntlich zu machen. Auf dieser Grünfläche sollte außerdem aus den genannten Gründen kein Spielplatz entstehen.

Die denkmalgeschützte Bodenplatte des Blocks 5 des KZ-Außenlagers Allach - im Plan fälschlicherweise euphemistisch als „Rollschuhplatte“ bezeichnet - taugt nicht als Treffpunkt innerhalb der Altsiedlung. Hier stand schließlich eine große KZ-Baracke, in der Hunderte von KZ-Häftlingen dahinvegetierten.

Auch der sog. Geschichtspfad ist abzulehnen. Das bestehende Wegenetz reicht vollkommen aus. Neue Wege würden nur zur weiteren Versiegelung der Grünflächen beitragen. Und was soll solch ein Geschichtspfad? Er sollte ja, wenn überhaupt, dann tatsächlich darüber informieren, was auf diesem Gelände geschah, und dies kann durch Stelen mit entsprechenden Informationen an den jeweiligen markanten Orten des KZ-Außenlagers Allach geschehen, ohne dass neue Wege angelegt werden.

Ein weiteres Gebäude – ein Atriumhaus – soll auf der Grünfläche Ecke Kristall- und Rubinstraße gebaut werden. Hier befanden sich allerdings die Blöcke 9 und 12 des KZ-Außenlagers Allach. An diesem Ort steht außerdem seit 1954 eine von Elmar Dietz geschaffene, denkmalgeschützte Stele. Laut den Plänen ist dort aber keine Spur mehr von dieser Stele, die ein Wahrzeichen der Siedlung Ludwigsfeld darstellt, zu finden. Die Stele muss aber an diesem Ort bestehen und die Grünfläche erhalten bleiben.

Die an der Ecke Achatstraße und Karlsfelder Straße geplante begrünte Quartiersgarage ist überdimensioniert und steht zu nahe an der denkmalgeschützten Kirche des Hl. Erzengels Michael an der Achatstraße 14. Die Sportnutzung auf der Dachfläche ist unannehmbar, und auch die Ein- und Ausfahrt ist an eine andere Stelle zu verlegen. Sollten hier keine grundlegenden Änderungen geschehen, kollidiert der Bau dieser Quartiersgarage, so wie er geplant ist, mit dem Denkmalschutz, und die Nutzung der Garage kann auch zur Störung der Gottesdienste beitragen, was wiederum die Religionsfreiheit einschränken und die religiösen Gefühle der Gläubigen verletzen würde.

Es wird deshalb vorgeschlagen, diese Quartiersgarage überhaupt an die Ecke Kristall- und Karlsfelder Straße zu verlegen. Dort sollte außerdem ein Kreisverkehr entstehen, und die Ein- und Ausfahrt der Garage sollte über diesen Kreisverkehr an die öffentliche Straße angebunden werden.

Die Kristallstraße darf nicht abgehängt werden, sondern muss zu einer Einbahnstraße Richtung Süden werden, während die Achatstraße zu einer Einbahnstraße Richtung Norden werden muss. Die Achatstraße ist nämlich viel zu schmal, um den gesamten Verkehr aus und in die Altsiedlung Ludwigsfeld aus Richtung Karlsfelder Straße aufzunehmen.

Voraussetzung für die Bauarbeiten zur Erweiterung der Wohnsiedlung Ludwigsfeld ist ohnehin die Fertigstellung der Karlsfelder Straße neu. Der Bauverkehr darf nicht durch die bestehende Siedlung geführt werden.

Durch die Pläne für die Erweiterung und die Nachverdichtung der Siedlung Ludwigsfeld wird dieser Erinnerungsort für die Kriegs- und die Nachkriegsgeschichte Münchens unkenntlich gemacht. Und dies geschieht im Gegensatz zur jetzigen Erinnerungskultur und zum heutigen Wissen über die Geschichte der Siedlung Ludwigsfeld und deren Vorgeschichte – des KZ-Außenlagerkomplexes Allach.

Außerdem muss der Denkmalschutz beachtet werden, der außer für die oben genannten Objekte auch für die Brücke über das Schwabenbächl im Verlauf der Karlsfelder Straße und die letzte noch bestehende Baracke des KZ-Außenlagerkomplexes und den angebauten Speisesaal des Bundesauswanderlagers München-Karlsfeld an der Granatstraße gilt, die zusammen einen in Deutschland einmaligen, sonst nirgendwo vorhandenen Gebäudekomplex darstellen.

Und überall, wo gebaut werden soll, müssen vorher archäologische Grabungen durchgeführt werden, weil dies ein historisch sehr sensibles Gelände ist, schließlich befand sich hier der KZ-Außenlagerkomplex Allach.

Noch eine historische Anmerkung. In einem Schreiben aus dem Jahr 1953 wird mit Verweis auf städtische Behörden ausgeführt: „Vom stadtplanerischen Gesichtspunkt aus ist eine Verdichtung der bundeseigenen Wohnsiedlung München-Ludwigsfeld absolut unerwünscht, da bei den einschlägigen Stellen die mehrgeschoßige Bauweise nur unter der Bedingung zugestanden wurde, daß eine lockere Anordnung der Bauzeilen zwischen größeren, von Bebauung freizuhaltenden Grünflächen erfolgt.“

Des Weiteren heißt es in dem Dokument vom 6. August 1953: „Schließlich hat sich die Lokalbaukommission gegen die beabsichtigte Verdichtung der Bebauung, insbesondere gegen die Bebauung der Grünflächen innerhalb und am Rande der bereits errichteten Anlage ausgesprochen.“ /Nachzulesen sind die Ausführungen in der Archivalie LBA 3117 im Staatsarchiv München./

Die bestehenden Pläne sind zu überdenken und nachzubessern, damit die Altsiedlung Ludwigsfeld aus dem Jahr 1952 ihr Erscheinungsbild einigermaßen behält.

Geschichte der Siedlung Ludwigsfeld

Planung zur Siedlung Ludwigsfeld

Stellungnahme zur Bauleitplanung "Bebauungsplan mit Grünordnung Nr. 2179" - Siedlung Ludwigsfeld - Fotos


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