Turbulenzen in der Kulmbacher Denkmalpflege
Gescheiterte Altstadtsatzung
Wie die Lokalpresse berichtete, scheiterte nun in Kulmbach die Verabschiedung einer Altstadtsatzung. Mit ihr sollten Bausünden im Kulmbacher Stadtensemble ein Riegel vorgeschoben werden. Amtsinhaber OB Ingo Lehmann (SPD) hatte die Satzung als wesentlichen Teil eines vom BLfD unterstützten kommunalen Denkmalkonzeptes beworben. Ursprung der Initiative zur Satzung gegen Verschandelung von Denkmalsubstanz in Kulmbach war ein unter Ex-OB Henry Schramm (CSU) 2018 genehmigter Umbau eines Ensembledenkmals "Altstadt Kulmbach (E-4-77-128-1)" in der oberen Altstadt.
Der Anblick wird von von vielen Bürgern als unpassend, die Veränderung der unter Ensemble-denkmalschutz stehenden Dachlandschaft als negativ wahrgenommen. Dennoch stimmten nun im Stadtrat die CSU, WGK und FDP gegen die Altstadtsatzung und die Fortführung eines vom BLfD ausdrücklich unterstützten kommunalen Denkmalkonzeptes. Begründet wurde die Ablehnung mit zu viel Bürokratie, Bevormundung der Bürger, unnötigen Kosten – und, dass es ja schon ein Denkmalschutzgesetz gäbe.
Ex-OB Schramm gab 2018 an, den Segen der Bau- und Denkmalschutzbehörden zur Genehmigung dieses Vorhabens erhalten zu haben. Ob dies eine Beteiligung des BLfD, wie vom Denkmalschutzgesetz und dem Regelwerk des BLfD vorgeschrieben, bedeutete, wäre nachzuprüfen. Nach geltendem Recht und Rechtsprechung stand das Bauwerk mit seinem äußeren Erscheinungsbild vollumfänglich unter Schutz. Das Ensemble in der Umgebung war in der Dachgestaltung stimmig und historisch gewachsen. Es ist für Fachleute kein plausibler Grund zu erkennen, warum ein so extremer Eingriff in ein Denkmalensemble rechtlich und ästhetisch zulässig gewesen sein sollte. Nach dem demokratischen Prinzip "gleiches Recht für alle" wäre hier in Kulmbach ein Präzedenzfall geschaffen, der den Denkmal-Ensembleschutz pulverisiert, das Gesetz de facto abschafft.
Hotel vor Altstadtensemble
Nötig gewesen wäre die gescheiterte Satzung gegen Bausünden vermutlich auch bei einem nun ebenfalls in der Lokalpresse kontrovers diskutierten Bauprojekt in Kulmbach: Nordöstlich vor dem Altstadtensemble am sog. Schwedensteg möchte eine Hotelkette ein B&B Hotel errichten.
Der Bau als befürchtete 08/15 Schachtel aus der Retorte würde einen kleinen Parkplatz mit Bäumen und einen Grünstreifen zum Weissen Main verdrängen und direkt an das geschützte Ensemble mit Blick auf die Plassenburg grenzen. OB Lehmann wie Stadtrat scheinen von dem Projekt überzeugt. Einen Widerspruch zur selbst befürworteten Altstadtsatzung gegen Bausünden scheinen Lehmann und die SPD Stadträte nicht zu sehen.
Am 9. Oktober berichtete die Bayerische Rundschau über eine turbulente Bürgerversammlung vom 7. Oktober in der Kulmbacher Stadthalle. Unter der Überschrift "B&B- Hotel ein Dorn im Auge" wurde im Artikel über den Unmut einiger Versammlungsteilnehmer berichtet, die sich unmissverständlich gegen den Hotelneubau aussprachen. Auch ein Leserbrief unter dem Artikel formulierte deutliche Kritik am geplanten Hotel und dem Vorgehen der Stadt. Zusammengefasst richtet sich die Kritik gegen den Neubau vor allem gegen die Verschwendung der Fläche, den unpassenden Charakter der Hotelkette in diesem Bereich und allgemein wird angezweifelt, ob Kulmbach einen Bedarf an diesem 97-Zimmer-Hotel hat.
Bemerkenswert: Der geplante Bau stände hart an der Grenze zum denkmalgeschützen Altstadtensemble. Ein Hotel in der üblichen Einheitsgestalt würde hier kaum als optische Aufwertung der geschützten Baukultur wahrgenommen werden. Irritationen bei Touristen und Autoren von Reiseführern sind wahrscheinlicher.
Ob der Investor sich zu einer an die Altstadt angepassten Architektur überreden lässt oder nur so bauen darf, ist nicht bekannt und (noch nicht) Gegenstand einer Diskussion. Möglich ist, dass die Denkmaleigentümer in der unmittelbaren Nähe Abwehrrechte gegen eine unpassende, die Denkmalsubstanz ungünstig beeinflussende Bebauung, haben und auch das Baurecht (BauGB) mit Paragraf 34 einer Hotelburg ohne Augenmaß an dieser Stelle im Wege steht.
Neu auf der Denkmalliste in Kulmbach
Positiv: Das BLfD hat das akut von Abriss bedrohte, unter der Rubrik “gefährdet“ beim Denkmalnetz eingestellte BRK-Heim von 1925 in der Kulmbacher Flessastraße nun als Einzeldenkmal anerkannt und auf der Denkmalliste und im Denkmalatlas-Bayern eingetragen.
Der Historiker Wolfgang Schobert berichtet in den Wochenendausgaben der Bayerischen Rundschau und der Frankenpost vom 18./19. Oktober über die Aufnahme des Rotkreuz-Heims von 1925 zum 100. Geburtstag als Einzeldenkmal in die bayerische Denkmalliste. In seinem Artikel schildert er die wechselvolle Geschichte des Baudenkmals. Mit Nachdruck weist er hin auf die vom BLfD anerkannten Qualitäten als unersetzliches Stück der Kulmbacher Architektur und auf die Bedeutung das Gebäudes als Stammhaus des Bayerischen Roten Kreuzes, das eine Weiternutzung mehr als verdient hat. Der Artikel schließt mit einer vorläufigen Stellungnahme des BRK-Kreisvorsitzenden und Landrates Klaus Peter Söllner (FW).
Zitat:
Der BRK-Kreisvorsitzende, Landrat Klaus Peter Söllner, wollte nicht kommentieren, ob man von der Entscheidung des Landesamtes überrascht worden sei. Ebenso wenig äußerte er sich dazu, welche Nutzungsmöglichkeiten er sich für das jetzt denkmalgeschützte Haus vorstellen könne. „Wir werden demnächst die Gremien zusammenrufen und mit großer Besonnenheit und Gelassenheit weitere Schritte ins Auge fassen“, so Söllner. Weitere Fragen wollte er nicht beantworten.
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